Mit der Rahmenbewilligung wird der Projektperimeter festgelegt und raumplanerisch gesichert. Der Projektperimeter besteht aus Anlagenperimeter und Eingliederungssaum. Die Oberflächenanlage wird im Anlagenperimeter errichtet, d.h. ihr Platzbedarf begründet die Grösse des Anlagenperimeters. Der Eingliederungssaum umgibt den Anlagenperimeter. Anlagenperimeter und Eingliederungssaum begründen zusammen die Grösse des Projektperimeters.
Der Flächenbedarf der Oberflächenanlage des gTL resultiert aus dem Platzbedarf für die notwendigen Bauten und Anlagen sowie den für Bau und Betrieb des gTL erforderlichen Tätigkeiten. Die wesentlichen Tätigkeiten (vgl. Kap. 4 und 5 in Nagra 2024a) – Erstellen, Bestätigen, Einlagern, Beobachten, Verschliessen – benötigen jeweils und im zeitlichen Ablauf (vgl. Kap. 3.2 in Nagra 2024a) unterschiedliche Bauten und Anlagen. Der Flächenbedarf des Eingliederungssaums ergibt sich aus seiner Funktion zur Eingliederung der Oberflächenanlage in die Landschaft, der Sicherheit, der Sicherung und temporären Nutzungsanforderungen aus dem Bau. Diese Anforderungen ändern ebenfalls mit den wesentlichen Tätigkeiten.
Die beantragte Fläche ist für den sicheren Bau und Betrieb des gTL mit einer gesetzeskonform landschaftlich eingegliederten Oberflächenanlage notwendig. Die unten gezeigte Gleichzeitigkeit von Bau und Betrieb der Anlage begründen und bedingen den Flächenbedarf. Der Flächen¬verbrauch muss mit der Planung zum Baugesuch überprüft werden und der Nachweis der optimalen Nutzung der Flächen ist zu erbringen.
Der Realisierungsplan in Anlehnung an das Entsorgungsprogramm 2021 (Kap. 5 in Nagra 2021) sieht einen Gesamtdauer von rund 100 Jahren von Baubeginn bis Verschluss vor (vgl. Fig. C-1).
Fig. C‑1:Zeitlicher Ablauf in Anlehnung an EP21, Zuordnung der wesentlichen Tätigkeiten. Die Nutzungsabschnitte werden in C.2.2 beschrieben
Der in Fig. C-1 dargestellte zeitliche Ablauf zeigt, welche Tätigkeit gemäss aktueller Planung wie lange dauert und wann welche Tätigkeiten gleichzeitig durchgeführt werden. Die im unteren Teil eingezeichneten fünf Nutzungsabschnitte haben ähnliche Nutzungsansprüche. Auf diese wird in C.2.2 näher eingegangen.
«Erstellen» ist die wichtigste Tätigkeit und begründet den Flächenbedarf an der Oberfläche massgeblich. «Erstellen» beinhaltet Tief-, Hoch-, Schacht-, Untertag- und Anlagenbau.
«Bestätigen» sind Experimente und Demonstrationen in den Testbereichen untertag. «Einlagern» ist Empfang, Bereitstellung, Schachtförderung und Einlagerung der verpackten Abfälle ins Tiefenlager. «Beobachten» findet in den Pilotlagern statt. «Verschliessen» besteht aus der etappenweisen Verfüllung und Versiegelung des Tiefenlagers und der Schächte.
Zusammengefasst zeigt die Fig. C-1, dass sich die Nutzung von Beginn an 60 Jahre lang flächenintensiv ist und sich immer wieder ändert. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den baulichen Tätigkeiten «Erstellen» und «Verschliessen», die sich durch die Nutzungsabschnitte 1 bis 4 durchziehen.
Wesentliche bei der Gestaltung der Oberflächenanlage zu berücksichtigende Anforderungen dienen der Sicherheit von Mensch und Umwelt, der Sicherung und der Vereinbarkeit mit Raumplanung und Umwelt. Letztere verpflichten zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und zur landschaftlichen Eingliederung. Die Sicherheit und Sicherung stehen bei der Kernanlage an erster Stelle und werden einerseits durch Dimensionierung der Bauteile und Komponenten und andererseits durch räumliche Gliederung und Trennung der Bauten und Anlagen sowie der für die einzelnen Tätigkeiten notwendigen Funktionen umgesetzt.
Die Oberflächenanlage besteht entsprechend aus den fünf Funktionsbereichen «Bau & Betrieb», «Einlagerung», «Service & Logistik», «Temporäre Installationen», «Zugang & Erschliessung». Diese Funktionsbereiche bestehen aus zusammenhängenden Flächen, auf denen Bauten und Anlagen stehen, die der sich aus der Bezeichnung ergebenden Funktion dienen (vgl. Tab. C-1 und Fig. C-2).
Wichtigster Bestandteil des gTL sind die untertägigen Lagerbereiche. Hauptfunktion der Oberflächenanlage ist deren Sicherheit, Zugang und Ver-/Entsorgung für Bau, Betrieb und Verschluss sicherzustellen. Dafür sind auf der Oberflächenanlage Schachtkopfanlagen zu bauen, zu betreiben und rückzubauen. Diese stehen auf den Schächten und sorgen für Schachtförderung, Lüftung, Strom und weitere Ver- und Entsorgung der Untertaganlage. Der Flächenbedarf einer Schachtkopfanlage mit notwendigen Nebengebäuden kann – je nach Nutzung - mit 1-2 ha abgeschätzt werden. Um die Schachtkopfanlagen ist ein Freiraum für Sicherheit, Unterhalt und Betrieb vorzusehen. Die Schachtkopfanlagen sind mit ausreichenden Sicherheitsabständen zueinander anzuordnen, um als redundante Zugänge zur Untertaganlage zu funktionieren. Gemäss aktueller Planung stehen der Lüftungsschacht und der Bau- und Betriebsschacht im Funktionsbereich «Bau & Betrieb» und der Einlagerungsschacht im Funktionsbereich „Einlagerung“.
Tab. C-1 fasst die wichtigsten Bauten und weitere üblicherweise benötigten Bauten und Anlagen für alle Funktionsbereiche zusammen (vgl. Fig. C-2)34. Ebenfalls aufgeführt ist der Eingliederungssaum (vgl. Kap. C.3). Für jeden Funktionsbereich wird der benötigte Flächenbedarf mit einer Bandbreite abgeschätzt. Aufeinanderfolgende Tätigkeiten können durch Umnutzung oder Umbau der Bauten und Anlagen auf derselben Fläche realisiert werden, während gleichzeitige Tätigkeiten zu zusätzlichem Platzbedarf führen. Um nicht unnötig viel Platz zu sichern, ist es plausibel anzunehmen, dass sich ein Teil der geschätzten maximalen Fläche der Oberflächen-anlage durch Massnahmen wie zeitliche Staffelung, Multifunktionalität, kompaktere Anordnung und Stapelung unter Berücksichtigung von sicherheits- und sicherungstechnischen Randbedingungen und Vorgaben einsparen lässt.
Tab. C‑1:Abschätzung Flächenbedarf
Funktionsbereich |
Bauten und Anlagen |
Fläche [ha] | |
---|---|---|---|
Bau & Betrieb |
|
5 - 7 |
|
Einlagerung |
|
2 - 3 |
|
Service & Logistik |
|
3 - 4 |
|
Temporäre Installationen |
|
2 - 3 |
|
Zugang & Erschliessung |
|
1 - 2 |
|
Flächenbedarf zur Gewährleistung aller Funktionen |
13 - 19 |
||
Anlagenperimeter |
13.1 |
||
Eingliederungs-saum |
|
10.6 |
|
Projektperimeter |
23.7 |
Grünflächen sind nicht vorgesehen, Begrünung von notwendigen Abstands- oder Hangflächen sind möglich ↩
Der Flächenbedarf muss sich hauptsächlich an den Anforderungen der Tätigkeiten «Erstellen» und «Verschliessen» orientieren; diese dauern mit wenigen Unterbrüchen rund 60 Jahre (vgl. Fig. C-1).
Der grösste Platzbedarf ergibt sich zu Projektbeginn im ersten Nutzungsabschnitt (vgl. Kap. C.1 und Fig. C-1). Tätigkeiten sind im Wesentlichen Tief-, Hoch- und Schachtbauarbeit. Das Areal muss hergestellt und erschlossen, Infrastruktur, Bauten und Anlagen müssen errichtet und Schächte abgeteuft werden. In diesen ersten 5 – 10 Jahren35 werden der gesamte noch nicht bebaute Anlagenperimeter sowie Teile des Eingliederungssaums im Dorfbachtal als Installationsflächen benötigt. Gebaut werden die Bauten und Anlagen aller Funktionsbereiche abgesehen von «Einlagerung». Mit den abgeteuften Schächten beginnt das Auffahren der Untertaganlage, d.h. die Hauptfunktion der Oberflächenanlage besteht in der Ver-/Entsorgung einer Untertagbaustelle. Parallel dazu müssen die Bauten und Anlagen für Zufahrt und Erschliessung, Sicherheit (Feuer- und Grubenwehr), Unterhalt (Werkstätten, Lager), Administration (Kantine, Büros, Besucher-wesen) errichtet und in Betrieb genommen werden, die für das Funktionieren der Oberflächenanlage notwendig sind. Der Flächenbedarf nimmt mit fortschreitender Realisierung und zunehmender Fertigstellung der Bauten und Anlagen zurück und der Eingliederungssaum kann zur Erfüllung seiner Funktion (vgl. Kap. C.3) gestaltet werden.
Im zweiten Nutzungsabschnitt wird an der Oberfläche der Funktionsbereich „Einlagerung“ mit allen Bauten und Anlagen errichtet. Der Einlagerungsschacht wird abgeteuft und untertag werden Haupt- und Pilotlager aufgefahren. Dafür ist voraussichtlich auch ein Teil des Eingliederungssaum für Installationen zu nutzen. Die Oberflächenanlage hat damit ihre maximale dauerhafte Ausdehnung erreicht. Die Einlagerung der Abfälle beginnt. Dafür werden die Abfälle endlagergerecht verpackt an die Bereitstellungshalle im Funktionsbereich «Einlagerung» geliefert und per Einlagerungsschacht ins Tiefenlager gebracht. Der notwendige Platz für die Logistik der Abfalltransporte, die in Kolonnen von Schwerlast-LKWs angeliefert werden, ist vorzusehen (zufahren, abfertigen, abstellen).
Fig. C-2 illustriert die Anordnung der Bauten und Anlagen im Nutzungsabschnitt 2. Gezeigt sind die wichtigsten Bauten sowie Bauten und Anlagen, wie sie üblicherweise für Schacht- und Tunnelbauten ähnlicher Art benötigt werden.
Im dritten Nutzungsabschnitt werden gleichzeitig weitere Lagerstollen aufgefahren und Abfälle eingelagert. Insgesamt dauern die Untertagbauarbeiten damit rund 40 Jahre. Damit wird die Tätigkeit «Erstellen» abgeschlossen und der Flächenbedarf sinkt.
Im vierten Nutzungsabschnitt wird beobachtet und ein erster Teil des Tiefenlagers sowie der Einlagerungsschacht werden verschlossen. Die ersten Verschlussarbeiten entsprechen funktional Untertagbauarbeiten. Der Funktionsbereich «Einlagerung» kann rückgebaut und der Anlagenperimeter ggf. verkleinert werden.
Mit Abschluss der Beobachtung am Ende des fünften Nutzungsabschnitts stehen der Gesamtverschluss des Tiefenlagers und der zwei verbliebenen Schächte an. Anschliessend kann die verbleibende Oberflächenanlage rückgebaut werden.
Fig. C‑2:Exemplarische Anordnung von Bauten und Anlagen in Nutzungsabschnitt 2
Diese Abbildung zeigt auch temporäre Bauten und Anlagen sowie Lager- und Abstellflächen, um den Flächenbedarf zu illustrieren; in allen anderen Berichten des Rahmenbewilligungsgesuchs sind nur ausgewählte Bauten und Anlagen abgebildet.
Die Oberflächenanlage am Standort muss der Umgebung und dem Ort entsprechend angemessen gestaltet werden, um einerseits die gesetzlichen Vorgaben zur landschaftlichen Eingliederung zu erfüllen (vgl. Kap. 5.17.4.1 in Nagra 2025c, Landschaftskonzept (BAFU 2020)) und andererseits die Auswirkungen auf Nachbarschaft und Anwohner zu reduzieren und deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. Zudem bestehen Anforderungen aus Sicherheit und Sicherung an die unmittelbare Umgebung des Anlagenperimeters.
Im Rahmen der regionalen Partizipation haben die Fachgruppe Oberflächeninfrastruktur (FG OFI), als Vertretung der Region, sowie weitere Vertreter mit Orts- und Fachkenntnissen dafür den Eingliederungssaum vorgeschlagen (RK NL, FG OFI 2022). Wie in 0 beschrieben wird im Anlagenperimeter über eine Dauer von 60 Jahren immer wieder intensiv gebaut und es werden laufend Veränderungen vorgenommen. Der Eingliederungssaum bietet Flexibilität hinsichtlich Eingliederung in die Landschaft, Aussensicht, Sicherheit, Sicherung, Bau und Realisation von ökologischen Massnahmen.
Die exemplarische Gestaltung des Eingliederungssaums trägt den unterschiedlichen Ansprüchen räumlich differenziert Rechnung (vgl. Fig. C-2). Rund um den Sicherungsbereich des Funktionsbereichs «Einlagerung» ist ein Freihaltesstreifen für Sicherheit (Waldbrand, Windwurf) und Sicherung (Einsehbarkeit) von max. 30 m Breite vorgesehen. Daran anschliessend wird in einem rund 20 m breiten Streifen ein neuer Waldrand mit hoher ökologischer Qualität (Krautsaum, Kleinstrukturen, Gehölzvielfalt, Abstufung der Gehölze) vorgesehen, der die Landschafts-eingliederung der Anlage in diesem Teil herstellt.
Die exemplarische Gestaltung in den weiteren Teilen berücksichtigt die heutigen Nutzungen. Im Süden spielen aufgrund des Siedlungsgebiets (Höfe, Windlach) und der Schiessanlage Stadel-Windlach Sicherheitsmassnahmen sowie die landschaftliche Eingliederung eine Rolle, welche beispielsweise mit einer wallartigen Geländemodellierung mit entsprechender Bepflanzung umgesetzt werden könnte, die gleichzeitig als Sicht- und Lärmschutz wirken würde. Im östlichen und nördlichen Teil des Eingliederungssaums könnten neben Landschaftseingliederungsmassnahmen auch Ersatzmassnahmen für gegebenenfalls betroffene Schutzobjekte realisiert werden. Angedacht wären hier beispielsweise eine abschnittsweise Renaturierung des Dorfbachs mit gleichzeitiger Sicherstellung von Hochwasserschutzmassnahmen oder Bepflanzungs- resp. Leitmassnahmen für die Abgrenzung des Anlagenperimeters gegenüber dem Wildtierkorridor. Fig. C-2 zeigt die verschiedenen Ansprüche an und Funktionen des Eingliederungssaums exemplarisch auf.
Fig. C‑3:Ansprüche an und Funktionen des zwischen Projekt- und Anlagenperimeter liegenden Eingliederungssaums
Der heute durch den Anlagenperimeter verlaufende Haberstalgraben muss aus Sicherheits-gründen um den Anlagenperimeter verlegt werden. Mit der weiteren Projektentwicklung ist zu prüfen, ob eine Offenlegung/Teiloffenlegung im nördlichen Eingliederungssaum mit den Sicherheitsbestimmungen vereinbar ist.
In 2019 wurden für die Vorschläge zur Konkretisierung der Oberflächeninfrastruktur Flächen abgeschätzt (Nagra 2019b)). Damals wurde ein Flächenbedarf von 10 ha für die Oberflächen-anlagen plus ca. 7 ha Installationsflächen, die im Nahbereich liegen müssen, ermittelt (Vorschlag 4 in Nagra 2019). Im heute vorgeschlagenen Projektperimeter sind diese Installationsflächen in der ausgewiesenen Fläche des Projektperimeters enthalten, d.h. der Flächenbedarf ist insgesamt bereits reduziert worden.
Der Anlagenperimeter der vorläufigen Planungsstudie (Kap. 4 in Nagra 2022) entspricht beinahe dem heutigen Anlagenperimeter. Im Rahmen der regionalen Partizipation wurde die vorläufige Planungsstudie beurteilt und der Anlageperimeter wurde daraufhin mit einem Eingliederungssaum ergänzt (vgl. Kap.4.2).
Verglichen mit ähnlichen Anlagen im Ausland (z.T. geplant, z.T. realisiert), ist der Anlagen-perimeter mit 13.1 ha klein bemessen (vgl. Tab. C-2).
Tab. C‑2:Flächenbedarf geologischer Tiefenlager im Ausland
Land |
Projekt |
Fläche (ha) |
Bemerkung |
DE |
Studie Flächenbedarf von Tagesanlagen eines Endlagers für hochaktive Abfälle |
24 ± 50 % |
(BGE 2021) |
DE |
Endlager Schacht Konrad |
12 |
Tunnelbau erfolgt nicht zeitgleich mit Einlagerung, zusätzliches externes Logistikzentrum |
DE |
Erkundungsbergwerk Gorleben |
30 |
ohne BEVA und Halde |
FI |
Olkiluoto |
16 |
mit BEVA, und Halde |
SE |
Forsmark |
24 |
ohne BEVA, mit Lagerhalde |
FR |
Cigeo |
550 |
mit BEVA und Deponien |