Im technischen Bericht "Standortunabhängige Betrachtungen zur Sicherheit und zum Schutz des Grundwassers" (Nagra 2013) wird gezeigt, wie die Sicherheit und der Schutz des Grundwassers beim Bau einer OFA inklusive Verpackungsanlage (BEVA) standort- und lagertypunabhängig sichergestellt werden können. Der Bericht untersucht eine Bandbreite von typischen Situationen (Bauwerk innerhalb oder ausserhalb des Gewässerschutzbereichs Au und des nutzbaren Grundwassers, gegründet ober- oder unterhalb des Grundwasserspiegels) generisch und schematisch für Lockergestein und Fels während der Bau- und Betriebsphase und beurteilt die potenzielle Gefährdung. Es wird aufgezeigt, dass der Grundwasserschutz bei geeigneter Auslegung der Anlage und Organisation der Betriebsabläufe gewährleistet werden kann und somit eine OFA auch im Gewässerschutzbereich Au keine besondere Gefährdung für das Grundwasser darstellt.
Dieser Feststellung hat sich das Bundesamt für Energie (BFE) im Bundesargumentarium "Gewässerschutz und nukleare Sicherheit bei Oberflächeninfrastrukturen für geologische Tiefenlager" vom 30.10.2019 angeschlossen. Darin haben die Bundesbehörden festgehalten, dass eine OFA keine besondere Gefahr im Sinne des Gewässerschutzrechts darstellt.
Inzwischen wurde der Standort der BEVA am Standort Zwilag in der Gemeinde Würenlingen im Kanton Aargau vorgeschlagen. Für den Schutz von Grund- und Oberflächenwasser der BEVA am Standort Zwilag ist in Nagra (2022f) ein Konzept entwickelt worden.
Der Entscheid, die BEVA nicht am Standort Haberstal zu betreiben, hat zur Folge, dass an der OFA nur in Endlagerbehältern verpackte Abfälle gehandhabt werden (Kap. 2.5). Mit den Konzepten für die Ausgestaltung der Endlagerbehälter (ELB) kann die Gefährdung einer radioaktiven Verschmutzung des Grundwassers im Normalbetrieb ausgeschlossen werden (Kap. 2.5).
Im Folgenden hat die Nagra ein beispielhaftes Grundwasserschutzkonzept entwickelt, um der Schutzforderung des Kantons Zürich weiterhin gerecht zu werden. Nachfolgend wird auf mögliche sichere technische Lösungen für den Grundwasserschutz bei der OFA eingegangen.
Der Projektperimeter erstreckt sich von ca. 390 bis 425 m ü.M. und liegt somit deutlich höher als der Grundwasserspiegel im Dorfbachtal (Fig. 2-6). Die Bodenplatten der Gebäude der OFA werden somit voraussichtlich über dem Grundwasser-Hochwasser-Pegel zu liegen kommen. Einzig die nach heutiger Planung drei Schachtbauwerke (Kap. 3.4.1) werden das Grundwasser durchstossen. Für diese Situation sind sowohl für den Bau als auch für den Betrieb wirksame Massnahmen zum Grundwasserschutz vorhanden, wie folgend exemplarisch ausgeführt.
Während der Erstellung der Bauwerke der OFA beschränken sich die Gefährdungen auf die von den auf der Baustelle gelagerten und verwendeten wassergefährdenden Stoffen (bspw. Treibstoff, Öl, Bauchemikalien) ausgehenden Gefährdungen. In dieser Phase werden übliche baustellenspezifische Schutzmassnahmen gemäss den aktuellen Normen und Verordnungen ergriffen. Hierbei werden die Schutzmassnahmen der SIA 431 "Entwässerung von Baustellen" (SIA 2022) bzw. der zum Ausführungszeitpunkt geltenden Norm umgesetzt. Dazu gehören z. B. bauliche Massnahmen wie das Einrichten von Umschlags-, Installations- und Lagerplätzen im Freien mit dichtem Belag und Auffangbecken mit Behandlung und Ableitung des Abwassers.
Die im Untergrund liegenden Teile der Bauwerke sollen bei Bedarf nach Erfahrung und Stand von Wissenschaft und Technik wasserdicht ausgebildet werden. Hierbei ist eine Abdichtung direkt am Bauwerk vorteilhaft, da bauwerksferne Abdichtungen im Ereignisfall zu einer Beeinträchtigung des Grundwasserleiters zwischen Bauwerk und bauwerksferner Abdichtung führen können. Zudem bietet die Abdichtung am Bauwerk den Vorteil, dass die Rückhaltung von austretenden Stoffen im Bauwerk selbst erfolgt und diese nicht in die Umgebung des Bauwerks gelangen.
Für die nicht für den nuklearen Betrieb genutzten Gebäude sind je nach Bedarf an der Bodenplatte und den Kellerwänden entsprechende Abdichtungsmaterialien (z. B. Bitumen, Polymerbitumenbahnen, kalt selbstklebende Bitumendichtungsbahnen) mit langzeitbeständigen Schutzschichten, die vor mechanischer Beschädigung schützen, und wasserunlösliche Beschichtungen (z. B. Bitumendeckbeschichtungen, Bitumenvoranstrich) anzubringen (sog. System "schwarze Wanne") sowie zusätzliche Drainagesysteme zur Ableitung des Wassers einzubauen. Alternativ kann wasserundurchlässiger Beton in den Untergeschossen angewendet werden (System "weisse Wanne").
Eine Kombination einer wasserundurchlässigen Betonwanne mit Abdichtungslagen wird nach Bedarf für die für den nuklearen Betrieb genutzten OFA-Gebäude gegen das Eindringen von Wasser vorgesehen. Dafür werden die Untergeschosse als armiertes, wasserundurchlässiges Betonkonstrukt mit einer ausreichenden Wand-/Bodenstärke ausgebildet. Durch die zusätzliche Abdichtung mit einer Frischbetonverbundfolie bis über die Terrainkante, welche auf der Bauwerksaussenseite dicht mit dem Beton verbunden wird, ergibt sich das System der sogenannten "gelben Wanne".
Die Innenräume der für den nuklearen Betrieb genutzten Gebäude werden bedarfsgerecht gegen das Ausdringen von Stoffen durch die Betonwände mit speziellen Mehrfachbeschichtungen versiegelt. Diese Mehrfachbeschichtungen lassen sich einfach reinigen und sind beständig gegen chemische und mechanische Einflüsse. Innerhalb der Betonwanne gegebenenfalls austretende Flüssigkeiten werden somit immer aufgefangen und der fachgerechten Behandlung und Entsorgung zugeführt.
Alle Schachtbauwerke werden nach heutigem Stand mit einer Stahlpanzerung wasserundurchlässig ausgeführt (Kap. 3.4.1).
Niederschlagsentwässerungen von Dächern werden versickert oder in die Geländeentwässerung der OFA abgeleitet und mit Notüberläufen ausgestattet. Aussenflächen, auf welchen wassergefährdende Stoffe umgeschlagen oder gehandhabt werden, werden befestigt und bei Bedarf getrennt entwässert.
Die Geländeentwässerung der OFA wird so ausgelegt, dass Starkregenereignisse bedarfsgerecht nicht zu einer Überflutung des Geländes führen. Das Eindringen von Wasser in die Gebäude wird durch die entsprechende wasserdichte Auslegung der Gebäudeöffnungen (Tore, Türen, Fenster, Leitungsdurchführungen etc.) sowie ausreichende Höhe der Oberkanten aller Lichtschächte zuverlässig verhindert.
Bei Bedarf werden in den Ableitungssystemen zusätzlich Vorbehandlungsanlagen (z. B. Ölabscheider, Spaltanlage) oder Löschwasserrückhaltanlagen (z. B. Rückhaltebecken, Auffangwannen, Notfallschieber) eingesetzt.
Die Bauwerke der OFA stellen hinsichtlich Gewässerschutzmassnahmen im Vergleich zu Industrieanlagen gemäss eingangs genanntem Bundesargumentarium keine ausserordentlichen Bauten dar. Mit den vorgestellten Massnahmen kann der Grundwasserschutz gewährleistet werden. Die in diesem Konzept dargelegten Massnahmen werden in den folgenden Projektphasen auf Notwendigkeit und Zweckmässigkeit überprüft, ausgearbeitet, behördlich abgestimmt und genehmigt.