Zusammenfassung
Bei der Ankündigung der Standorte für die Ausarbeitung der Rahmenbewilligungsgesuche im Herbst 2022 hat die Nagra die Wahl von Nördlich Lägern mit der besten Qualität, der grössten Stabilität und der grössten Flexibilität begründet. Für die Begründung der Standortwahl im Rahmenbewilligungsgesuch braucht es gemäss den Vorgaben des Sachplans eine qualitative Bewertung der Standortgebiete anhand der 13 SGT-Kriterien zur Sicherheit und technischen Machbarkeit. Diese qualitative Bewertung hat sich in jedem Standortgebiet und für jeden Lagertyp auf den einschlusswirksamen Gebirgsbereich und das darin erarbeitete, beispielhafte Lagerprojekt (sog. Bewertungsobjekt) zu beziehen. Der vorliegende Bericht dokumentiert das Vorgehen und die Ergebnisse der qualitativen Bewertung.
Auch in Etappe 3 basiert die qualitative Bewertung der Standortgebiete auf einem indikatorbasierten Verfahren. Dazu wurden die in Etappe 2 verwendeten Indikatoren und Bewertungsverfahren überprüft und dem Projektstand der Etappe 3 angepasst. Die Bewertung erfolgt mit drei verschiedenen Methoden der multikriteriellen Entscheidungsfindung. Einerseits werden die Bewertungsobjekte anhand einer Nutzwertanalyse bewertet und die Nutzwerte von der Stufe der Indikatoren auf die Stufe der SGT-Kriterien und weiter auf die Stufe Gesamtbewertung aggregiert. In der zweiten Methode werden die Bewertungsobjekte auf der Grundlage standortspezifischer Daten auf Stufe Indikator rangiert (Ranking-Methode). Die dritte Methode basiert auf einem paarweisen Vergleich der Bewertungsobjekte anhand standortspezifischer Daten auf Stufe Indikator (Outranking-Methode).
Die Nutzwertanalyse ergibt für alle Standortgebiete eine günstige bis sehr günstige Bewertung und bestätigt die sicherheitstechnische Eignung der zur Auswahl stehenden Standortgebiete. Die klaren Vorteile, welche für eine Positivwahl notwendig sind, ergeben sich aus den Bewertungsmethoden, mit denen die günstigsten Bedingungen bzw. die grössten Sicherheitsreserven eines Standortes identifiziert werden.
Die Ranking-Methode und Outranking-Methode zeigen übereinstimmend, dass Nördlich Lägern sowohl für HAA als auch für SMA der beste Standort ist. Die ausschlaggebenden Eigenschaften für diese Wahl von Nördlich Lägern sind die grösste Mächtigkeit der geologischen Barriere, die günstigsten hydrogeologischen Bedingungen, die einfachste geologische Situation und der beste Schutz vor Erosion. Zusammengefasst ergibt sich Nördlich Lägern als das Standortgebiet mit den grössten Sicherheitsmargen bezüglich Qualität, Stabilität und Flexibilität.
Inhaltsverzeichnis
1.1 Hintergrund und Zielsetzung
2. Vorgaben an die Standortwahl in SGT-Etappe 3
3. Methodik für die qualitative Bewertung anhand der 13 SGT‑Kriterien
3.1 Zielsetzung und Ausgangslage der qualitativen Bewertung in der SGT‑Etappe 3
3.2 Definition der Bewertungsmethodik in SGT-Etappe 3
3.2.1 Fokussierung der Kriteriengruppen
3.2.2 Überprüfung der Indikatoren und deren Bewertungsskalen
3.2.3 Definition von Methoden zur multikriteriellen Entscheidungsfindung
3.3 Vorgehen bei der qualitativen Bewertung
3.4 Grundlagen und Definition der Bewertungsobjekte
4. Charakterisierung und Bewertung der EG für HAA und SMA
4.1 Eigenschaften des EG (Kriteriengruppe 1)
4.1.1 Räumliche Ausdehnung (Kriterium 1.1)
4.1.1.3 Seismisch kartierte Störungen an Wirtgesteinsgrenzen
4.1.1.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.1.2 Hydraulische Barrierewirkung (Kriterium 1.2)
4.1.2.3 Unabhängige Evidenzen der Langzeitisolation
4.1.2.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.1.3 Geochemische Bedingungen (Kriterium 1.3)
4.1.3.1 Tonmineralgehalt im WG hinsichtlich Sorptionsvermögen
4.1.3.3 Zusammenstellung der Bewertungen
4.1.4 Freisetzungspfade (Kriterium 1.4)
4.1.4.1 Art der Transportpfade und Ausbildung des Porenraums im WG
4.1.4.2 Tonmineralgehalt im WG hinsichtlich Selbstabdichtungsvermögen
4.1.4.3 Störungstransmissivität im WG
4.1.4.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.2 Langzeitstabilität (Kriteriengruppe 2)
4.2.1 Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften (Kriterium 2.1)
4.2.1.2 Seismisch kartierte Störungen in kompetenten Formationen
4.2.1.3 Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten im EG durch Lösungsprozesse
4.2.1.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.2.2.1 Restüberdeckung im Hinblick auf Dekompaktionseffekte
4.2.2.2 Zusammenstellung der Bewertungen
4.2.3 Lagerbedingte Einflüsse (Kriterium 2.3)
4.2.3.1 Länge des Freisetzungspfads im intakten WG
4.2.3.2 Thermisch bedingte Porenwasser-Überdrücke im WG
4.2.3.3 Gasbedingte Porenwasser-Überdrücke im WG
4.2.3.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.2.4 Nutzungskonflikte (Kriterium 2.4)
4.2.4.2 Geothermie und weitere energiebezogene Nutzungen
4.2.4.3 Mineral- und Thermalwassernutzungen
4.2.4.4 Zusammenstellung der Bewertungen
4.3 Zuverlässigkeit der geologischen Aussagen (Kriteriengruppe 3)
4.3.1 Charakterisierbarkeit der Gesteine (Kriterium 3.1)
4.3.1.1 Auswirkungen der Variabilität der Transporteigenschaften im Opalinuston
4.3.1.2 Auswirkungen der Variabilität der Transporteigenschaften in den Rahmengesteinen
4.3.1.3 Zusammenstellung der Bewertungen
4.3.2 Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse (Kriterium 3.2)
4.3.2.1 Auswirkungen der Ungewissheiten zu den EG-begrenzenden Aquiferen
4.3.2.2 Zusammenstellung der Bewertungen
4.3.3 Prognostizierbarkeit von Langzeitveränderungen (Kriterium 3.3)
4.4 Bautechnische Eignung (Kriteriengruppe 4)
4.4.1 Nachweis der bautechnischen Machbarkeit der Lagerprojekte
4.4.2 Zusammenstellung der Bewertungen
5. Aggregation der Bewertungen und Synthese der Ergebnisse
5.1 Zusammenstellung der Ergebnisse
5.2 Aggregation der Ergebnisse der Nutzwertanalyse
5.3 Aggregation der Ergebnisse der Ranking-Methode
5.4 Aggregation der Ergebnisse der Outranking-Methode
A. Begründung der in Etappe 3 verwendeten Indikatoren und Bewertungsskalen
A.1 Räumliche Ausdehnung (Kriterium 1.1)
A.1.3 Seismisch kartierte Störungen an Wirtgesteinsgrenzen
A.2 Hydraulische Barrierewirkung (Kriterium 1.2)
A.2.3 Unabhängige Evidenzen der Langzeitisolation
A.3 Geochemische Bedingungen (Kriterium 1.3)
A.3.1 Tonmineralgehalt im WG hinsichtlich Sorptionsvermögen
A.4 Freisetzungspfade (Kriterium 1.4)
A.4.1 Art der Transportpfade und Ausbildung des Porenraums im WG
A.4.2 Tonmineralgehalt im WG hinsichtlich Selbstabdichtungsvermögen
A.4.3 Störungstransmissivität im WG
A.5 Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften (Kriterium 2.1)
A.5.2 Seismisch kartierte Störungen in kompetenten Formationen
A.5.3 Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten im EG durch Lösungsprozesse
A.6.1 Restüberdeckung im Hinblick auf Dekompaktionseffekte
A.7 Lagerbedingte Einflüsse (Kriterium 2.3)
A.7.1 Länge des Freisetzungspfads im intakten WG
A.7.2 Thermisch bedingte Porenwasser-Überdrücke im WG
A.7.3 Gasbedingte Porenwasser-Überdrücke im WG
A.8 Nutzungskonflikte (Kriterium 2.4)
A.8.2 Geothermie und weitere energiebezogene Nutzungen des Untergrundes
A.8.3 Mineral- und Thermalwassernutzungen
A.9 Charakterisierbarkeit der Gesteine (Kriterium 3.1)
A.10 Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse (Kriterium 3.2)
A.10.1 Auswirkungen der Ungewissheiten zu den EG-begrenzenden Aquiferen
A.11 Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen (Kriterium 3.3)
A.11.1 Restüberdeckung im Hinblick auf Dekompaktionseffekte
A.11.2 Thermisch und gasbedingte Porenwasser-Überdrücke im WG
A.12 Bautechnische Eignung (Kriteriengruppe 4)
A.12.1 Nachweis der bautechnischen Machbarkeit der Lagerprojekte
A.13 Zusammenstellung der Bewertungsskalen
B. Gegenüberstellung der in Etappe 2 und 3 verwendeten Indikatoren
C. Beschrieb der verwendeten Bewertungsmethoden
D. Berücksichtigung der für die SGT-Kriterien zu beurteilenden Aspekte in der qualitativen Bewertung
Tabellenverzeichnis
Tab. 5‑1: Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse der Nutzwertanalyse und der Ranking-Methode
Figurenverzeichnis
Fig. 2‑1: Die Kriterien zur Sicherheit und technischen Machbarkeit gemäss SGT
Fig. 3‑1: Bewertungsobjekte Jura Ost für HAA (links) und SMA (rechts)
Fig. 3‑2: Bewertungsobjekte Nördlich Lägern für HAA (links) und SMA (rechts)
Fig. 3‑3: Bewertungsobjekte Zürich Nordost für HAA (links) und SMA (rechts)
Fig. 4‑2: Hydraulische Transmissivitäten aus in-situ-Packer-Tests im Opalinuston
Fig. 4‑3: Instrumentell und historisch erfasste Seismizität in der Schweiz und Umgebung
Fig. A‑1: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 1.1 «Räumliche Ausdehnung»
Fig. A‑2: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 1.2 «Hydraulische Barrierewirkung»
Fig. A‑3: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 1.3 «Geochemische Bedingungen»
Fig. A‑4: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 1.4 «Freisetzungspfade»
Fig. A‑6: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 2.2 «Erosion»
Fig. A‑7: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 2.3 «Lagerbedingte Einflüsse»
Fig. A‑8: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 2.4 «Nutzungskonflikte»
Fig. A‑10: Zu beurteilende Aspekte für das SGT-Kriterium 3.1 «Charakterisierbarkeit der Gesteine»
Abkürzungsverzeichnis
BFE |
Bundesamt für Energie |
BZR |
Betrachtungszeitraum |
E2, E3 |
Etappen 2 und 3 des Sachplans geologische Tiefenlager |
EDZ |
engl. Abkürzung für «excavation disturbed zone» (Auflockerungszone) |
EG |
einschlusswirksamer Gebirgsbereich |
ENSI |
Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat |
De |
effektiver Diffusionskoeffizient |
FPI |
engl. Abkürzung für «Failure potential of intact host rock» |
gTL |
Geologische(s) Tiefenlager |
HAA |
Hochaktive Abfälle (abgebrannte Brennelemente und hochaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung) |
HEB |
Haupterschliessungsbereich |
JO |
Jura Ost |
KG |
Kriteriengruppe |
Kr |
Kriterium |
NAB |
Nagra Arbeitsbericht |
NL |
Nördlich Lägern |
NTB |
Nagra Technischer Bericht |
NTF |
Normierte Tracer-Freisetzung |
OFA |
Oberflächenanlage |
RBG |
Rahmenbewilligungsgesuch |
RG (uRG / oRG) |
Rahmengesteine (untere /obere) |
RPL |
engl. Abkürzung für «reduced path length in the intact host rock» |
SGT |
Sachplan geologische Tiefenlager |
SMA |
Schwach- und mittelaktive Abfälle |
T |
hydraulische Transmissivität |
vD |
Darcy-Fluss |
WG |
Wirtgestein |
ZNO |
Zürich Nordost |