Auswirkungen auf den oberflächennahen Aquifer

In der Betriebsphase werden die radioaktiven Abfälle stets durch mehrere Barrieren von der Umwelt isoliert, eingeschlossen und abgeschirmt. Da im gTL die Abfälle in Endlagerbehältern eingeschlossen und die an die OFA angelieferten Endlagerbehälter kontaminationsfrei sind, ist auch das gTL kontaminationsfrei, so dass keine Abgaben von radioaktiven Stoffen über den Luftoder Wasserpfad zu unterstellen sind (vgl. Kap. 3.1.2, Nagra 2025d).

Die Abfälle werden bei der Anlieferung in die Bereitstellungshalle transportiert. Die Annahme-, Bereitstellungs- und Verbringungsarbeiten der radioaktiven Abfälle nach untertag werden entweder auf den undurchlässig gestalteten, entsprechend entwässerten Einlagerungs- und Betriebsflächen oder innerhalb von gesicherten Bauten und Anlagen stattfinden.

Falls für den Betrieb eine Tankanlage mit wassergefährdenden Flüssigkeiten (z.B. Diesel, Kältemittel) betrieben werden muss (z.B. für eine Notstrom- oder Kälteanlage), sind für den UVB 2. Stufe im Gewässerschutzbereich Au die entsprechenden Schutzmassnahmen vorzusehen.

Auswirkungen auf die tieferen Aquifere

Betriebsphase

Für den Betrieb werden die Zugangsbauwerke druckwasserhaltend abgedichtet.

Nachbetriebsphase

Temperatur

Im gTL werden die radioaktiven Abfälle in ca. 800 – 930 m Tiefe im einschlusswirksamen Gebirgsbereich eingelagert. Aufgrund der Wärmeentwicklung wird bei der aktuellen Lager­auslegung davon ausgegangen, dass in den umgebenden Gebirgsbereichen (insbesondere im Malm-Aquifer) vorhandene Tiefenaquifere nach dem Verschluss des Lagers im Nahbereich lokal erwärmt werden.

Die Nagra hat Berechnungen für die exemplarische Lagerauslegung im RBG durchgeführt. Diese zeigen, dass die maximale temporäre Erwärmung infolge des Tiefenlagers im Malm-Aquifer im Bereich von 4 – 9°C liegt (Nagra 2024g).

Bei der Beurteilung der Erwärmung des Grundwassers infolge des gTLs sind die folgenden Besonderheiten zu berücksichtigen:

  • Als Entsorgungsmethode schreibt Art. 31 Abs. 1 KEG die geologische Tiefenlagerung vor. Die Einlagerung von HAA (radioaktiver Zerfall) führt daher zwangsläufig zu einer Erwärmung der Umgebung. Diese tritt gemäss Modellierungen mehrere tausend Jahre nach dem ordnungsgemässen Verschluss des gTL auf (Nagra 2024g).

  • Die Erwärmung erfolgt lokal begrenzt im Bereich des HAA-Lagers, weshalb sich der Temperatureinfluss auf die tieferen Aquifere beschränkt. Diese sind im Vergleich zu den oberflächennahen Aquiferen viel weniger ergiebig, weisen i.d.R. sehr geringe Fliess­ge­schwin­digkeiten und häufig einen hohen Salzgehalt auf. Sie werden deshalb für die Gewinnung von Trink- und Brauchwasser nicht in Betracht gezogen.

Die derzeitige exemplarische Lagerauslegung resultiert aus einer ganzheitlichen Abwägung von sicherheitstechnischen, baulichen und betrieblichen Anforderungen an das Sicherheits- und Lagerkonzept (Nagra 2024a, Nagra 2024e) und strebt einen haushälterischen Umgang mit dem Untergrund an. Um eine Überschreitung der 3°C-Regel gemäss Anhang 4 Ziff. 21 Abs. 3 GSchV zu verhindern, müsste die Lagerauslegung angepasst werden. Dies hätte folgende Konsequenzen:

  • Das Lagerfeld würde bedeutend grösser und würde somit einen grösseren definitiven Schutz­bereich beanspruchen (inkl. Nutzungsbeschränkungen). Dies würde zu einer einseitigen (raumplanerischen) Priorisierung des (Tiefen-) Grundwassers gegenüber anderweitigen Nutzungen und Interessen im Untergrund führen.

  • Ein grösseres untertägiges Bauwerk verursacht höhere Materialflüsse und grössere Emissio­nen (z.B. mehr Ausbruchmaterial, mehr Transporte, längere Bauzeit, grösseres Deponie­volumen und grössere Mengen Verfüllmaterial etc.) und führt zu einer Ver­schlech­terung der Umweltbilanz des Vorhabens. Ein vergrössertes Bauprojekt wäre auch mit höheren Kosten verbunden.

Gewässergefährdende Stoffe

Radioaktive Stoffe und ionisierende Strahlung sind grundsätzlich über die Strahlenschutz- und die Kernenergiegesetzgebung geregelt und unterstehen der Aufsicht des ENSI. Das Abfallinventar enthält neben radioaktiven Nukliden auch nicht radioaktive aber chemotoxisch relevante Stoffe. Die Beurteilung von Auswirkungen der chemotoxischen Stoffe auf die Biosphäre (inkl. die tieferen Aquifere) erfolgt entsprechend der Umweltgesetzgebung und fällt somit in die Zuständigkeit des BAFU.

Die Endlagerbehälter mit den radioaktiven Abfällen werden in Lagerstollen im Opalinuston eingelagert, die rund 800 – 930 m unterhalb der Oberfläche zu liegen kommen. Die Rückhaltung wird mit Hilfe eines Mehrfachbarrierensystems sichergestellt (Anhang C, Nagra 2024e). Die rund 100 m mächtige Gesteinsschicht des Opalinustons (Wirtsgestein) wirkt als natürliche Barriere. Das Wirtsgestein ist zusätzlich von > 50 m mächtigen, tonreiche Rahmengesteinen umgeben, welche die nächstgelegen Aquifere im Malmkalk resp. im Keuper abgrenzen.

Die im Rahmen des Sachplanverfahren durchgeführten erdwissenschaftlichen Untersuchungen haben bestätigt, dass die tonreichen Gesteine der Wirt- und Rahmengesteine sehr kleine Porenöffnungen im Nanometerbereich, grosse Mineraloberflächen (30 m2/g für Opalinuston), einen Überschuss an negativen Oberflächenladungen (Illit-Smektit-Mineralien), eine geringe hydraulische Permeabilität (K = 5 × 10⁻¹³ m/s) und sehr gute Selbstabdichtungseigenschaften aufweisen (Nagra 2024c). Diese natürlichen Barrieren haben daher hervorragende Rückhalteeigenschaften für radioaktive sowie andere chemotoxische Stoffe aus dem gTL (Miron et al. 2024).

Ein Grossteil der im gTL eingebrachten Abfälle weisen aufgrund ihrer Materialzusammensetzung oder ihrer Konditionierung allgemein eine geringe Löslichkeit auf (Hummel et al. 2022, Hummel et al. 2023, Tits & Wieland 2023). Damit sind bereits die Stoffkonzentrationen beschränkt, welche diffusiv in und durch das Mehrfachbarrierensystem transportiert werden können. Für das RBG wurde eine standortspezifische, vertiefte Sicherheitsanalyse durchgeführt und die zuverlässige Rückhaltung radioaktiver Stoffe durch ein Mehrfachbarrierensystem nachgewiesen. Berechnungen der Sicherheitsanalyse (Kap. 6 resp. Fig. 6-1 und 6-9, Nagra 2024e) illustrieren, dass die meisten Radionuklide und somit analog auch potenziell wassergefährdende Stoffe (z.B. Elemente wie Pb, Cd oder Cu) für mindestens 1 Mio Jahre innerhalb der ersten 10 – 20 m im Opalinuston zurückgehalten werden (vgl. auch Anhang C, Nagra 2024e). 

Diese Resultate bestätigen die im Rahmen einer früheren Risikobetrachtung für Etappe 2 im Jahr 2014 durchgeführten Analysen des Einflusses von chemotoxischen Stoffen des Abfallinventars auf das Grundwasser hinsichtlich der Freisetzung von gewässergefährdenden Stoffen (Häner et al. 2014). Die damaligen Berechnungen mit vereinfachten, sehr konservativen Freisetzungsszenarien zeigten, dass sämtliche toxikologischen Grenzwerte, welche üblicherweise für den Nachweis der Trinkwasserqualität gelten, im Grundwasser eingehalten werden können (Kap. 7 und 9, Häner et al. 2014). Somit konnte schon damals ausgeschlossen werden, dass durch das eingebrachte Abfallinventar im gTL eine chemotoxische Gefährdung bzw. Beeinträchtigung der Wasserqualität der tiefen Aquifere entsteht (Kap. 9, Häner et al. 2014).

Das gTL ist so konzipiert, dass zuverlässig radioaktive und nicht radioaktive Stoffe zurückgehalten werden, sodass der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist. Chemotoxische Stoffe in einem gTL stellen aufgrund dieser Erkenntnisse keine Gefährdung der Biosphäre oder der tieferen Aquifere dar.