Die hydrogeologischen Eigenschaften des Opalinustons sind sehr gut untersucht (Kap. 5.6 in Nagra 2024p). Die hydrogeologischen Bedingungen im ungestörten und gestörten Opalinuston werden durch seine äusserst geringe hydraulische Durchlässigkeit bestimmt (vgl. Kap. 4.4.2). Aufgrund der hydrogeologischen Eigenschaften wird beim Opalinuston und seinen Rahmengesteinen das Wasser im Porenraum nicht als Grundwasser, sondern als Porenwasser bezeichnet, da diese Gesteine so dicht sind, dass das in Poren vorkommende Wasser nicht frei fliessen kann. Gelöste Stoffe bewegen sich deshalb nur sehr langsam durch Diffusion im Porenwasser. Die Eignungskriterien «hydrogeologische Verhältnisse am Standort» und «Verweilzeit des Tiefengrundwassers» werden daher im Folgenden zusammen betrachtet.
Die Ergebnisse der Standortuntersuchungen zeigen für den Standort sehr günstige hydrogeologische Verhältnisse (vgl. Kap. 4.4). Die Bewertung der hydrogeologischen Situation betrachtet das gesamte hydrogeologische System am Standort. Sie ergibt sich nicht aus einem einzelnen Wert, sondern aus umfassenden Analysen, die z. B. auf Daten zur hydraulischen Durchlässigkeit, zur Porenwasserchemie und zu natürlichen Tracern sowie auf Modellierungen beruhen. Da eine hohe Zuverlässigkeit bezüglich der Übertragbarkeit der monotonen, räumlich konstanten hydrogeologischen Eigenschaften besteht, sind die hydrogeologischen Verhältnisse innerhalb der potenziellen Lagerzone sehr gut bekannt. Des Weiteren zeigen die Betrachtung zur Langzeitentwicklung der Hydrogeologie und Hydrochemie (vgl. Kap. 4.5.3), dass die Langzeitstabilität der günstigen hydrogeologischen Verhältnisse am Standort gewährleistet ist.
Für die zusammen betrachteten Eignungskriterien «hydrogeologische Verhältnisse am Standort» und «Verweilzeit des Tiefengrundwassers» schlägt die Nagra zwei Anforderungen vor, bei deren Erfüllung ein Lagerbereich als langfristig sicher und hydrogeologisch geeignet eingestuft werden kann, ohne weitere Parameter zu untersuchen:
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Der Tonmineralgehalt ist der Schlüsselparameter für die hydraulische Barrierewirkung und das hohe Radionuklidrückhaltevermögen des Opalinustons (Nagra 2024v). Er beeinflusst die hydraulische Durchlässigkeit, das Diffusions- und Sorptionsvermögen und das Selbstabdichtungsverhalten. Fig. 5-42 in Nagra (2024p) zeigt, dass bei Tonmineralgehalten von mindestens 20 % eine sehr niedrige hydraulische Durchlässigkeit gewährleistet und damit die verlangte Barrierewirkung sichergestellt ist. Als Anforderung wird dieser Wert um 5 % erhöht, um im Einklang mit der quantitativen Mindestanforderung aus Etappe 1 des SGT (Nagra 2008a) zu stehen. Deshalb muss der mittlere Tonmineralgehalt des Opalinustons im Lagerbereich mindestens 25 % betragen. Dieser Wert ist eine zweckmässige Minimalanforderung, da Untersuchungen mittels Bohrlöchern (z. B. hydraulische Tests) vermieden werden müssen. Kleine sandige oder kalkige Linsen gehören zum normalen Erscheinungsbild des Opalinustons, weshalb als Minimalanforderung ein mittlerer Tongehalt für einen Lagerbereich vorgeschlagen wird.
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Die Porenwassersignatur stellt eine anerkannte unabhängige Evidenz der Langzeitisolation bzw. der hydraulischen Barrierewirkung des Opalinustons dar (Nagra 2008b, Kap. 9.1.1 in Nagra 2024v). Daher muss die Porenwassersignatur des Opalinustons insgesamt anzeigen, dass für einen vorgesehenen Lagerbereich die Barrierewirkung gewährleistet ist.
Beide Anforderungen lassen sich mittels Probenahmen während des Baus der UTA und anschliessenden Laboranalysen der Proben überprüfen, weshalb sie den Vorschlag für die Methode zur Überprüfung der beiden zusammengefassten Eignungskriterien darstellen. Für die Probenahme und Probenanalyse können Verfahren, welche sich im Rahmen des SGT bewährt haben, eingesetzt werden. Für die Überprüfung der Porenwassersignatur des Opalinustons wird ein schrittweises Vorgehen vorgeschlagen, bei dem zunächst nur eine oder wenige, aber aussagekräftige Komponenten der Porenwassersignatur betrachtet werden und bei Auffälligkeiten dann die Porenwassersignatur des Opalinustons insgesamt betrachtet wird.
Für die Überprüfung der Eignungskriterien ist eine belastbare, qualitätsgesicherte und repräsentative Datengrundlage eine Grundvoraussetzung. Weitere Abklärungen von zusätzlichen Parametern im Rahmen einer Multikriterienanalyse können für die Eignungsüberprüfung herangezogen werden, wenn bei einer oder beiden der oben formulierten Anforderungen Abweichungen festgestellt werden.