Für den Bau bzw. Betrieb einer Kernanlage ist eine Rahmenbewilligung des Bundesrates erforderlich (Art. 12 KEG, 2003). Gemäss Art. 23 KEV (2004) ist als Teil der Gesuchsunterlagen für ein geologisches Tiefenlager (gTL) ein Konzept für die Beobachtungsphase einzureichen. Dieses Konzept wird durch Vorgaben in der Richtlinie ENSI-G03 (ENSI 2023a) sowie in ENSI (2018) auf alle Realisierungsphasen des geologischen Tiefenlagers zu einem integralen Überwachungskonzept erweitert. Die Überwachung soll zudem spätestens mit Erteilung der Rahmenbewilligung aufgenommen werden.
Die spezifischen gesetzlichen wie behördlichen Vorgaben an das integrale Überwachungskonzept und deren Umsetzung im vorliegenden Konzept sind in Anhang A gegenübergestellt. Das vorliegende integrale Überwachungskonzept kann dabei als Machbarkeitsstudie bezüglich der Umsetzung dieser Vorgaben verstanden werden. Es soll plausibilisiert werden, dass sich Anforderungen an die Überwachung des geologischen Tiefenlagers am Standort Haberstal erfüllen lassen. Konkretisierungen des integralen Überwachungskonzeptes zu einem integralen Überwachungsprogramm sind erst zuhanden der entsprechenden Bau- bzw. Betriebsbewilligungsgesuche vorgesehen.
Die Lagerung radioaktiver Abfälle wird in einem geologischen Tiefenlager erfolgen (Nagra 2025a) und auf einem passiven Sicherheitskonzept basieren, das den dauerhaften Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet. Die Standortsuche bestimmte den nach geologischen Gesichtspunkten besten Standort für die Realisierung eines geologischen Tiefenlagers zur sicheren Entsorgung von hochaktiven Abfällen (HAA) sowie schwach- und mittelaktiven Abfällen (SMA). Dabei wurde mit dem Opalinuston ein geeignetes Wirtgestein identifiziert, das sich durch seine besonderen Eigenschaften und seine Ausdehnung, Mächtigkeit und Tiefenlage für die geologische Tiefenlagerung eignet (Nagra 2024b). Basierend auf dem Sicherheits- und Lagerkonzept und daraus abgeleiteten Anforderungen (Nagra 2024g) wurde ein exemplarisches Lagerprojekt entwickelt (Nagra 2024a). Die zu entsorgenden Abfälle sind umfassend charakterisiert (Nagra 2023). Die Einflüsse der Abfälle auf das Wirtgestein und das Mehrfachbarrierensystem wurde umfassend untersucht. Mit Analysen werden die Barrierenwirksamkeit (Nagra 2024h) und die radiologischen Konsequenzen (Nagra 2024f) berechnet, welche dem Sicherheitsnachweis für die Nachverschlussphase zugrunde liegen (Nagra 2024e). Darüber hinaus wird in Nagra (2025a) dargestellt, dass sich die Gesamtanlage sicher betreiben lässt.
Durch die Überwachung des geologischen Tiefenlagers gemäss Kap. 6.1 ENSI-G03 soll zum einen die Betriebssicherheit durch relevante Überwachungsmassnahmen belegt werden und dargestellt werden, dass sich die Auswirkungen des gTL und der Oberflächenanlage auf die Umwelt im Rahmen der Erwartungen bleiben. Zum anderen soll durch geeignete Überwachungsmassnahmen bestätigt werden, dass die Sicherheit in der Nachverschlussphase gewährleistet ist. Letzteres ist durch die Überwachung des Pilotlagers in einer Beobachtungsphase nach erfolgter Einlagerung gesetzlich verankert (Art. 66 KEV).
Durch einen Vergleich der dem Sicherheitsnachweis zugrundeliegenden Modelle mit den Daten der Überwachung wird zur Vertrauensbildung beigetragen, dass die passive Sicherheit der geologischen Tiefenlagerung und damit auch der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist. Dies ist eine Voraussetzung für den Verschluss des gTL nach Ablauf der Beobachtungsphase nach Art. 69 KEV. Nach der Feststellung des ordnungsgemässen Verschlusses durch den Bundesrat wird das gTL aus der Kernenergiegesetzgebung entlassen, sofern nicht eine befristete Überwachung nach Art. 39 Abs. 3 KEG angeordnet wird.
Ausgehend von einer übergeordneten Zielsetzung für die Überwachung des geologischen Tiefenlagers (Kapitel 3) und den gesetzlichen wie behördlichen Anforderungen (Anhang A) werden Grundsätze definiert (Kapitel 4) nach denen die Überwachung des gTL erfolgen soll.
Basierend auf den Grundsätzen werden die Grundzüge des integralen Überwachungskonzepts beschrieben. Die Themen der Überwachung sind breit und werden in verschiedene Überwachungsprogramme gegliedert (Kapitel 5.1). Eine Abgrenzung des integralen Überwachungskonzepts gegenüber anderen Massnahmen, die Aspekte einer Überwachung haben, jedoch nicht Teil des integralen Überwachungskonzepts sind, wird in Kapitel 5.2 vorgenommen.
Das Rahmenbewilligungsgesuch basiert auf einem exemplarischen Lagerprojekt am Standort Haberstal. Bis zur Realisierung des Vorhabens ist dabei von Änderungen am Projekt auszugehen. Es ist unabdingbar, dass Projektänderungen am geologischen Tiefenlager adäquat im integralen Überwachungskonzept abgebildet werden können. Es ist daher wichtig, dass die Entwicklung des integralen Überwachungskonzepts schrittweise erfolgt (Kapitel 5.3).
Den Überwachungsprogrammen werden Strukturen und Prozesse übergeordnet, welche die Einhaltung der Grundsätze unterstützen und die einzelnen Komponenten des integralen Überwachungskonzept steuern. Diese betreffen u.a. die Qualitätssicherung (Kapitel 5.4.1), das Datenmanagement und die Berichterstattung (Kapitel 5.4.2), sowie damit eng verknüpft, das Wissensmanagement (Kapitel 5.4.3). Darüber hinaus ist die Beweissicherung (Kapitel 5.5) und die Gewinnung von Rückstellproben (Kapitel 5.6) eine wichtige Aufgabe des integralen Überwachungskonzepts. Damit verknüpft finden auch Nullmessungen statt, die den Zustand des Gesamtsystems vor Bau- und Einlagerungsbeginn dokumentieren (Kapitel 5.7).
Ein zentrales Ziel der Überwachung des gTL ist die Bestätigung des Sicherheitsnachweises (Kapitel 5.8) nach Ablauf der Beobachtungsphase und bevor das gTL verschlossen werden kann. Dieser Sicherheitsnachweis soll die Erkenntnisse der Beobachtungsphase berücksichtigen.
Während der Standortsuche wurden bereits verschiedene Messnetze (z.B. Seismizität und geodätische Überwachung) aufgebaut und regional verdichtet. Diese werden als Teil der Überwachung angesehen und werden daher in der weiteren Entwicklung des integralen Überwachungskonzepts berücksichtigt (Kapitel 5.9).
Insbesondere bei der Überwachung des Mehrfachbarrierensystems müssen auch mögliche Auswirkungen von Messeinrichtungen auf die Langzeitsicherheit berücksichtigt werden. Dazu werden in Kapitel 5.10 mögliche Auswirkungen aufgezeigt.
Mit der Rahmenbewilligung werden u.a. die Grundzüge des Vorhabens festgelegt (Art. 14 KEG). Nach der Rahmenbewilligung werden im Zuge des weiteren Bewilligungsverfahren gemäss KEG weitergehende Festlegungen getroffen. In Kapitel 6 wird in einer exemplarischen Umsetzung im Sinne einer Machbarkeitsstudie dargestellt, wie die Überwachung in den einzelnen Überwachungsprogrammen umgesetzt werden könnte. Damit wird aufgezeigt, dass sich die Anforderungen an die Überwachung des geologischen Tiefenlagers am Standort Haberstal zuverlässig erfüllen lassen.