Das Gewässerschutzgesetz verpflichtet die Kantone, den Raumbedarf von oberirdischen Gewässern zu sichern (Art. 36a GSchG). Der Gewässerraum steht dem Gewässer zur Verfügung, er gewährleistet unter anderem den Hochwasserschutz, dient dem Unterhalt der Gewässer oder als Erholungsraum für die Bevölkerung. Im Gewässerraum gilt grundsätzlich ein Bauverbot. Fliessgewässer dürfen nach Art. 38 Abs. 1 GSchG grundsätzlich nicht überdeckt oder eingedolt werden. Bei Eingriffen in eingedolte Gewässer müssen diese wo immer möglich offengelegt und mit einer naturnahen Gestaltung geführt werden (Art. 38 Abs. 1 GSchG).
Ist-Zustand
Im Bereich des Projektperimeters befindet sich der Haberstalgraben (Gewässer Nr. 6002), welcher teilweise offen als kleines Gerinne, jedoch grösstenteils eingedolt unter den Landwirtschaftsflächen durch den Haberstal fliesst (vgl. Fig. 5‑8 und Kap 5.7 in Nagra 2025c).
Entlang der östlichen Grenze des Projektperimeters verläuft im Eingliederungssaum der Dorfbach (Gewässer Nr. 6001), welcher von Windlach in Richtung Norden fliesst.
Fig. 5‑8:Auszug aus der kantonalen Gewässerraumkarte (GIS-ZH 2024)
Im Kanton Zürich sind die Gemeinden nur für die Ausscheidung des Gewässerraums von kleinen Gewässern im Siedlungsgebiet zuständig. Für alle übrigen Gewässer, wie auch für den Haberstalgraben und den Dorfbach, ist der Kanton zuständig. Der Kanton hat die Gewässerräume beider Gewässer planerisch noch nicht festgelegt. Bis zur Festlegung des Gewässerraums gelten für den Abstand der Bauten und Anlagen zum Gewässer daher die Übergangsbestimmungen der Gewässerschutzverordnung (Art. 41a GSchV in Verbindung mit den Übergangsbestimmungen der Änderung vom 4. Mai 2011). Gemäss den zur Verfügung stehenden, kantonalen Grundlagen zur Breite der Gewässersohle gilt danach:
Tab. 5‑1:Übergangsrechtliche Uferstreifen Dorfbach und Haberstalgraben
Dorfbach |
Haberstalgraben | |
---|---|---|
Breite Gewässersohle (GIS-ZH 2024) |
1.2 m |
0.5 m |
Übergangsrechtlicher Uferstreifen (beidseitig)13 |
9.2 m |
8.5 m |
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Abstände nach planerischer Umsetzung der Gewässerräume deutlich kleiner werden.
Auswirkungen
Haberstalgraben
Der Projektperimeter überlagert den Haberstalgraben (vgl. Fig. 5‑8). Aus der Topografie, Breite und Lage des Taleinschnitts Haberstal ergeben sich Anforderungen, für den Fall, dass dort zukünftig ein Zugang nach untertag errichtet werden soll, wie es in der exemplarischen Umsetzung vorgesehen ist. Die geringe Breite des Haberstals schränkt die Möglichkeiten zur Bebauung und Nutzung ein. Aus betrieblicher Sicht muss sichergestellt werden, dass der Zugang nach untertag und das Areal flexibel nutzbar und der Haberstalgraben überflutungssicher ausgestaltet werden kann. Eingriffe in den Verlauf des Gewässers sind nach heutigem Stand der Planung unausweichlich. Es muss davon ausgegangen werden, dass Sicherheitsvorgaben für nukleare Anlagen keine offene Gewässerführung zulassen und und eine Verlegung bedingen (vgl. Anhang D in Nagra 2024a). Der Haberstalgraben fliesst heute als kleines offenes Gerinne im Wald und wird eingedolt über den zukünftigen Anlagenperimeter dem Dorfbach zugeführt. Für die Sicherheit des Anlagenperimeters wird der Haberstalgraben in der exemplarischen Umsetzung ausserhalb des Sicherungsperimeters gefasst (vgl. Anhang D in Nagra 2024a) und in einem dafür dimensionierten Rohr kontrolliert um den Anlagenperimeter (bspw. entlang des Waldwegs) zum «Dorfbach» geleitet. Die Umsetzung dieser oder alternativer Massnahmen mit derselben Wirkung ermöglicht die sichere Anordnung eines Zugangs zur Untertageanlage im Haberstal.
Mit der weiteren Projektentwicklung ist zu prüfen, ob bzw. inwieweit eine Offenlegung/Teiloffenlegung im nördlichen Eingliederungssaum mit den Sicherheitsbestimmungen vereinbar ist. Ein Variantenstudium im Rahmen der Erarbeitung des Baugesuchs (UVB 2. Stufe) muss die genaue Ausgestaltung klären. Eine Interessensabwägung hat im BAR 2. Stufe zu erfolgen.
Dorfbach
Der Eingliederungssaum überlagert den nach den Übergangsbestimmungen geltende Gewässerraum des Dorfbachs (vgl. Fig. 5‑8). Die Lage der baulichen Massnahmen ist jedoch noch nicht festgelegt. Infolge der vorgesehenen Zufahrten ab der Zweidlenstrasse (vgl. Kap. 6.3.1) ergeben sich zudem Gewässerüberdeckungen über den Dorfbach sowie ggf. Eingriffe in das Gewässer durch bauliche Fundationsmassnahmen (vgl. Kap 5.7 in Nagra 2025c).
Der Eingliederungssaum bleibt voraussichtlich, abgesehen von den notwendigen Arealzufahrten, frei von permanenten Bauten und Anlagen.
Beurteilung
Falls eine offene Wasserführung aus sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich ist, werden die vorgesehenen Bauten und Anlagen grundsätzlich als bewilligungsfähig erachtet14.
Für die vorgesehenen Brücken über den Dorfbach zwecks Zufahrt ab der Zweidlenstrasse wird eine Ausnahmebewilligung nach (Art. 41c Abs. 1 GSchV) nötig sein. Da die Verkehrsübergänge als standortgebundene Infrastrukturen beurteilt werden, werden die Brücken als bewilligungsfähig erachtet.
Abstimmungsbedarf und Massnahmen für die weiteren Projektphasen
Dem Baugesuch ist eine sicherheits-gerichtete Anordnung und Auslegung der OFA zu Grunde zu legen, welche vom ENSI hinsichtlich der Einhaltung von radiologischen Schutzzielen beurteilt wird. Inwieweit diese eine Offen- resp. Teiloffenlegung des Haberstalgraben im nördlichen Eingliederungsaum zulässt, kann erst dann beurteilt werden.
Mit dem Baugesuch sind die erforderlichen Nachweise für die Eingriffe in den Dorfbach zu erbringen. Für die Erschliessung und die Arealzufahrten sind die Nutzung des bestehenden Strassennetzes (Zweidlenstrasse) und eine Gewässerüberdeckung durch die vorgesehenen Brücken Zufahrten durch Siedlungsgebiet (Nebenstrasse) vorzuziehen.
Im UVB 2. Stufe wird die Umweltverträglichkeit der projektbezogenen Eingriffe in die Gewässer beurteilt und nötige Massnahmen für Ersatz (Ufergehölze) resp. Kompensation (Renaturierung) definiert.
Bei Fliessgewässern mit einer Gerinnesohle bis 12 m Breite gilt ein übergangsrechtlicher Uferstreifen von beidseitig 8 m plus Breite der Gerinnesohle (GSchV i.V. mit Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 4. Mai 2011). ↩
Für den allfälligen Ersatz der bestehenden Eindolung des Haberstalgrabens wäre eine Ausnahmebewilligung nach (Art. 41c Abs. 1 GSchV) nötig. ↩