Im Standortwahlverfahren gemäss SGT-Etappe 3 wurde Ende 2022 der Standort Zwilag (Gemeinde Würenlingen, Kanton Aargau) als bester Ort für die Realisierung der BEVA identifiziert. Er soll gestützt darauf im SGT festgesetzt werden (vgl. Kap 2).
Am Anfang von Etappe 3 wurden verschiedene Konkretisierungsvorschläge für die Oberflächeninfrastruktur (OFI) ausgearbeitet (Anhang D 1.3 in Nagra 2019b). Darunter befand sich auch ein Vorschlag mit drei kleinräumigen Anordnungsvarianten für eine Verpackungsanlage am Standort Zwilag, damals noch als Standortvorschlag für die OFA im Standortgebiet JO. In den darauffolgenden Jahren wurden diese Varianten detaillierter geprüft (vgl. Kap. 4.1 und 4.2), inzwischen als «externe» BEVA für das gTL mit OFA im Haberstal (vgl. Kap. 2.2). Für die Variante der BEVA am Standort Zwilag wurde die Anlagenplanung schrittweise weiterentwickelt und optimiert (vgl. Kap 4.3). Die erfolgte Variantenprüfung und Optimierung (vgl. Kap 4.2 und 4.3) begründen den Projektperimeter gemäss Kap. 3.2.
Der Variantenprüfung im Raum Zwilag liegen folgende räumlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen zu Grunde (vgl. Fig. 4‑1):
Nach Stand der heutigen Anlagenplanung (Kap. 3.3 in Nagra 2025c) wird von einem Gesamtflächen-Bedarf (Grundfläche) von ca. 2 ha ausgegangen.
Der Projektperimeter ist direkt angrenzend an das Zwilag-Areal anzuordnen, um die entscheidgebenden Vorteile des Standorts (weniger sicherheitsrelevante Umladevorgänge) optimal nutzen zu können.
Der Projektperimeter soll möglichst innerhalb der bestehenden Bauzone angeordnet werden.
Nutzungskonflikte mit dem am Standort Zwilag bereits ansässigen Zwilag und PSI sind zu vermeiden (Bedürfnisse beschrieben in Kap 4.1.1 für die Zwilag, in Kap 4.1.2 für das PSI).
Das kantonale Auenschutzgebiet und das Naturschutzgebiet von kantonaler Bedeutung im Wald (NkBW) sollen möglichst nicht tangiert werden (vgl. Fig. 4‑1, Kap 5.2.1.2 und Kap. 6.6).
Fig. 4‑1:Übersicht Ausgangslage
In der Begründung der Standortwahl für die BEVA (Kap. 1.5.1 in Nagra 2022a) am Standort Zwilag wurden in Absprache mit der Zwilag bereits erste Überlegungen zu einem Abbruch bestehender Zwilag-Gebäude zugunsten des Projektperimeters für die BEVA angestellt, dies unter der Voraussetzung, dass der Betrieb der Zwilag während Bau, Betrieb und Stilllegung der BEVA gewährleistet werden kann. Für die in Fig. 4‑2 rot markierten Gebäude sowie die im Umfeld angeordneten Parkplätze der Zwilag ist ein Abbruch resp. eine Umnutzung der Fläche in Abstimmung mit der Zwilag möglich.
Fig. 4‑2:Gebäude und Fläche der Zwilag, die für die BEVA rückgebaut / umgenutzt werden können
Eine Mitbenutzung oder Umnutzung von weiteren Zwilag-Gebäuden oder Gebäudeteilen zugunsten der BEVA ist nicht möglich, da diese alle weiterhin für die Zwilag betriebsnotwendige Funktionen erfüllen. Fig. 4‑2 zeigt, dass die Möglichkeiten der baulichen Nachverdichtung im Zwilag-Areal innerhalb der rechtskräftigen Arbeitszone II beschränkt sind. Von der Zwilag ist u.a. bereits eine Erweiterung der SMA-Verpackungsanlage im Innenhof vorgesehen (Innenverdichtung).
Das PSI als international renommiertes Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften hat vom Bund den Auftrag, seine Kompetenzen in der Nukleartechnik und im Umgang mit radioaktiven Stoffen zu erhalten. Es soll das nationale Kompetenzzentrum zum Thema «Nukleartechnik» bleiben und dieses für die Schweiz wichtige Knowhow langfristig sichern.
Die räumliche Situation des PSI ist angespannt und mit der Ansiedelung des «Park Innovaare» hat sich der Nutzungsdruck in der Umgebung des PSI zusätzlich erhöht. Das PSI plant die Nutzung des Areals Ost im Laufe der kommenden 20 Jahre deutlich zu verändern und grössere Investitionen zu tätigen. Durch Umstrukturierung und Verdichtung soll eine räumliche Entwicklung ohne flächenmässige Erweiterung möglich werden.
Das PSI betreibt auf seinem Areal Ost (vgl. Fig. 4‑3) im Auftrag des Bundes Anlagen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (AERA2) und das Bundeszwischenlager (BZL3).
Die Sicherungszone hat bisher das ganze Areal Ost umfasst. Mit dem Zusammenzug der nuklearen Anlagen wird eine Neuordnung resp. Verkleinerung der Sicherungszone möglich (rote Linie in Fig. 4‑3 rechts). Damit wird eine grössere Arealfläche (grüne Linie) für die räumliche Weiterentwicklung des PSI frei.
Fig. 4‑3:PSI Areal Ost: Flächennutzung 2021 (links) und vorgesehene Umstrukturierung und Verdichtung durch das PSI (rechts4)
rot: Sicherungszone, grün: Areal für Weiterentwicklung (Kap. 1.5.2 in Nagra 2022a)
Aufgrund dieser Entwicklungen bzw. Planungen macht das PSI einen Eigenbedarf für sämtliche Flächen des Areal Ost geltend. Eine Verlagerung oder Nachverdichtung der PSI-Nutzungen zugunsten der BEVA wurde von Seiten PSI aufgrund seiner ohnehin bereits begrenzten Flächen und geringen Erweiterungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Eine Beanspruchung des PSI-Geländes für das BEVA-Vorhaben kommt aufgrund der sehr hohen Gewichtung der Interessen des PSI auch für den Kanton Aargau und die Region (RK Jura Ost 2021) nicht infrage (Ausschlusskriterium).
Übersicht
Für die Platzierung des BEVA-Gebäudes (ohne weitere Bauten) angrenzend an das Zwilag-Areal wurden drei Varianten (Nord, Mitte und Süd, vgl. Fig. 4‑4) geprüft (vgl. Anhang D 3.1 in Nagra 2019b).
Fig. 4‑4:Anordnungsvarianten der BEVA (gepunktetes Rechteck) bei der Zwilag (schematische Darstellung)
Das Areal Ost des PSI kann wegen Eigenbedarf des PSI (vgl. Kap. 4.1.2) nicht genutzt werden. Die Variante «Süd» wurde aufgrund dieser Situation (nicht verfügbare Fläche) verworfen.
Beurteilung / Gegenüberstellung Varianten «Nord» und «Mitte»
Für die beiden verbleibenden Varianten «Nord» und «Mitte» wurde je ein aus sicherheitstechnischer und betrieblicher Sicht realisierbarer Anlagenperimeter für die BEVA definiert und ein Vergleich aus Sicht Raum und Umwelt durchgeführt.
Die Variante «Nord» liegt grösstenteils ausserhalb der Bauzone im Wald und bedarf Rodungen im grossen Umfang. Die Rodungen betreffen einen wesentlichen Teil des Naturschutzgebiets von kantonaler Bedeutung im Wald. Weiter betrifft die Variante «Nord» den kantonalen Auenschutzpark. Auen sind in der Schweiz rar geworden und geschützt. Ihr Verlust ist sehr negativ zu bewerten, zudem wären die Flächen für nötige Ersatzmassnahmen schwierig zu finden.
Die Variante «Mitte» mit längs angeordneter BEVA liegt zu grossen Teilen innerhalb der bestehenden Arbeitszone. Die dauerhaften Rodungen fallen im Vergleich zur Variante «Nord» geringer aus und tangieren das kantonale Naturschutzgebiet im Wald weniger stark. Das Auenschutzgebiet bleibt vollständig vor Eingriffen verschont.
Ergebnis
Der Vergleich und die Bewertung der BEVA-Varianten «Nord» und «Mitte» hat gezeigt, dass die Variante «Mitte» insgesamt zu bevorzugen ist, da sich diese zu grossen Teilen innerhalb der bestehenden Bauzone anordnen lässt und die negativen Auswirkungen auf Raum und Umwelt geringer sind. Aus diesen Gründen wurde die Variante «Nord» nicht mehr weiterverfolgt.
Mit der Konkretisierung der Anlagenplanung wurde die Variante «Mitte» in Abstimmung mit dem PSI und der Zwilag schrittweise weiterentwickelt. Dabei wurde die technische Machbarkeit unter Berücksichtigung von Aspekten der Sicherheit, der Sicherung, der Logistik sowie Anforderungen der Zwilag geprüft.
Ziel der Optimierung war es, den Grundflächenbedarf von 2 ha so anzuordnen, dass die Eingriffe in das kantonale Naturschutzgebiet und den Wald möglichst gering ausfallen. Das konnte im Wesentlichen durch das Abwinkeln des BEVA-Gebäudes und einer kompakten Anordnung der weiteren Nutzflächen erreicht werden (vgl. Fig. 4‑5). Auch mit der flächenoptimierten, mehrgeschossigen Anordnung der benötigten Nutzflächen kann das Vorhaben nicht vollständig in der Bauzone realisiert werden. Eine Optimierung konnte aber insofern erreicht werden, dass weniger Wald im NkBW dauerhaft gerodet werden muss. Die abgewinkelte optimierte Anordnung der BEVA (vgl. Fig. 4‑5) lässt sich gut in die bestehende Bauzone einpassen, indem einige Zwilag Gebäude und Flächen (Fig. 4‑2) rückgebaut werden.
Fig. 4‑5:Schematische Darstellung Anordnung BEVA in Variante «Mitte optimiert» (links) und Ableitung des festzulegenden Projektperimeters (rechts)
Fazit
Bei der Variante «Mitte optimiert» können die BEVA resp. der Projektperimeter am besten in das bebaute Areal eingebettet und flächeneffizient, überwiegend innerhalb der bestehenden Bauzone realisiert werden. Die Variante «Mitte optimiert» weist, unter den auf die bestehenden Nutzungen des PSI und der Zwilag abgestimmten Lösungen, die geringsten Nachteile für den Wald und die Schutzgebiete auf. Mit der Lage der Variante «Mitte optimiert» zu grossen Teilen innerhalb der Bauzone ist der Standort Zwilag kleinräumig nachvollziehbar hergeleitet und das Vorhaben am Standort begründet. Gestützt darauf kann der Projektperimeter der Variante «Mitte optimiert» in der Rahmenbewilligung festgelegt werden.