Sachpläne sind Planungsinstrumente des Bundes zur Realisierung von Infrastrukturprojekten von nationaler Bedeutung. Zur Festlegung des Standorts für das gTL in der Schweiz und damit auch der zugehörigen BEVA führt das BFE im Auftrag des Bundesrats das Sachplanverfahren geologische Tiefenlager durch (BFE 2008a). Mit dem Sachplan Geologische Tiefenlager (SGT) bezeichnet der Bund den Standort für das gTL und die damit in Zusammenhang stehende Oberflächenanlage (OFA) sowie den Standort für die BEVA.
2008 startete die Standortsuche für geologische Tiefenlager. In drei Etappen wurde die Auswahl an Standortgebieten schrittweise eingegrenzt. Das Standortauswahlverfahren stellt eine umfassende Interessenabwägung nach Art. 13 Abs. 1 Bst. b KEG sicher.
Entscheidend für den langfristig sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle sind die Verhältnisse im Untergrund. Für die Standortwahl und die Platzierung der Anlagenteile im geologischen Untergrund wurden im SGT sicherheitstechnische Kriterien und Vorgaben definiert und durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) weiter präzisiert. Bei der Standortwahl im Untergrund zählt ausschliesslich die Sicherheit, sofern die technische Machbarkeit am Standort gegeben ist.
Bei der Platzierung der für den Bau und Betrieb des gTL erforderlichen OFA wurden neben sicherheitstechnischen Aspekten auch raum- und umweltplanerische Überlegungen und Interessenabwägungen der Standortregionen berücksichtigt. Dazu wurde im Standortauswahlverfahren die Regionale Partizipation für die Zusammenarbeit mit den Standortregionen etabliert. Die Partizipationsgremien (Regionalkonferenzen und deren Fachgruppen) sind im Konzeptteil des SGT beschrieben (BFE 2008b). Die BEVA wurde bis zum Ende von Etappe 2 als Teil der OFA betrachtet.
In SGT-Etappe 1 wurden ausgehend von der gesamten Schweiz sechs geologische Standortgebiete für das Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA-Lager) und drei geologische Standortgebiete für das Lager für hochaktive Abfälle (HAA-Lager) vorgeschlagen. Die drei HAA-Standortgebiete sind gleichzeitig auch SMA-Standortgebiete. In Standortgebieten, welche sich sowohl für das HAA- als auch für das SMA-Lager eignen, wurde auch die Möglichkeit der Realisierung beider Lagertypen an einem Standort als sogenanntes Kombilager für alle Abfallkategorien festgehalten. Diese Auswahl wurde durch den Bundesrat im November 2011 bestätigt.
In SGT-Etappe 2 sind diese Gebiete weiter untersucht worden. Die Auswahl wurde nach behördlicher Begutachtung vom Bundesrat auf drei geeignete Standortgebiete in der Nordschweiz (Jura Ost (JO), Nördlich Lägern (NL) und Zürich Nordost (ZNO)) und auf das Wirtgestein Opalinuston reduziert. Damit wurde bestätigt, dass sich der Opalinuston aufgrund seiner Gesteinseigenschaften und die Region der Nordschweiz aufgrund der tektonischen Stabilität und der geringen seismischen Aktivität am besten für ein gTL in der Schweiz eignen. Zudem wurden in Zusammenarbeit mit den Standortregionen und Kantonen Vorschläge für die Platzierung der OFA basierend auf einer umfangreichen Interessenabwägung erarbeitet und Standortareale für die OFA vorgeschlagen.
Am Ende der Etappe 2 legte der Bundesrat nach behördlicher Begutachtung die drei Standortgebiete NL, JO und ZNO zusammen mit den entsprechenden Standortarealen für die OFA – NL‑6, NL-2, JO-3+, ZNO-6b für die OFA als Zwischenergebnis im Sachplan fest (vgl. Fig. 2‑1) und wies den zu bearbeitenden Koordinationsbedarf aus (BFE 2018). Damit hat er entschieden, das Standortwahlverfahren in Etappe 3 mit diesen drei Standortgebieten weiterzuführen.
Fig. 2‑1:Die drei weiterzuverfolgenden Standortgebiete und 4 Standortareale für die OFA als Ergebnis von Etappe 2
Am Ende der Etappe 2 wurde auch die Frage aufgeworfen, ob die Verpackung der Abfälle zwingend in einer BEVA beim gTL stattfinden muss oder ob diese auch räumlich getrennt davon platziert werden könnte. Der Bundesrat hat dieses Anliegen im Ergebnisbericht zu Etappe 2 aufgenommen und festgelegt, dass die Nagra diese Option in Zusammenarbeit mit den betroffenen Standortregionen und -kantonen in Etappe 3 prüfen kann (BFE 2018).
In SGT-Etappe 3 hat die Nagra Vorschläge zur Konkretisierung der OFA für alle Regionen «mit» und «ohne» «Verpackungsanlagen am gTL» vorgelegt (Nagra 2019a). Weiter hat sie im Juni 2020 vier Standorte für eine BEVA einander gegenübergestellt (Nagra 2020). Diese sind in überregionaler Zusammenarbeit der betroffenen Akteure von der dafür vom BFE geschaffenen Arbeitsgruppe Verpackungsanlagen-Extern (AG VA-Extern) diskutiert worden. Die Nagra und die AG VA-Extern kamen unabhängig voneinander zum Schluss, dass nur die Standorte beim gTL oder bei der Zwilag sinnvoll und weiter zu untersuchen sind. Die AG VA-Extern konnte sich auf keine der beiden Optionen festlegen und hat es der Nagra überlassen, unter Abwägung aller Interessen, den am besten geeigneten Standort für die BEVA zu bestimmen und dem Bund vorzuschlagen (AG VA-extern 2020).
Die Nagra hat vorgeschlagen, die BEVA extern am Standort Zwilag in der Gemeinde Würenlingen zu platzieren, während das gTL in der Region NL mit einer OFA am Standort Haberstal in der Gemeinde Stadel (NL-6) realisiert werden soll (Nagra 2022a). Für den Standortvorschlag einer BEVA bei der Zwilag waren für die Nagra folgende Aspekte ausschlaggebend:
Sicherheit
Mit der Platzierung der BEVA bei der Zwilag wird eine kleinere Anzahl sicherheitsrelevanter Umladevorgänge erwartet als bei einer BEVA beim gTL. Auch werden diese mit eingespieltem Betriebspersonal und bewährten Prozessen und Methoden durchgeführt. Dies spricht aus Sicht der Sicherheit für die Platzierung der Verpackungsanlagen bei der Zwilag.
Mit der Konzentration von Kompetenzen und Ressourcen zur Behandlung von radioaktiven Abfällen im Raum Zwilag ergibt sich Synergiepotenzial durch Kooperation mit der Zwilag und dem Paul Scherrer Institut (PSI).
Haushälterische Bodennutzung
Die Anlagen können am Standort bei der Zwilag, im Gegensatz zum Haberstal (NL), mehrheitlich innerhalb der bestehenden Bauzone realisiert werden.
Landschaftsbild
Die Einbettung der BEVA am Standort des bestehenden Forschungs- und Industriekomplexes von PSI und Zwilag ist bezüglich der Beeinflussung des Landschaftsbilds deutlich weniger prägend als eine BEVA im ländlichen Haberstal.
Das Verfahren nach KEG stellt das Leitverfahren dar für die Realisierung der BEVA. Die Rahmenbewilligung ist der erste Schritt in diesem Verfahren und der Bundesrat entscheidet über deren Erteilung. Gleichzeitig mit der Rahmenbewilligung findet das Sachplanverfahren SGT seinen Abschluss am Ende von SGT-Etappe 3 mit der Genehmigung des Objektblattes durch den Bundesrat. Damit wird der Projektperimeter der BEVA behördenverbindlich festgelegt und planerisch gesichert.