Das Flucht- und Rettungskonzept verfolgt das Ziel der Aufrechterhaltung der Personensicherheit durch die zuverlässige Alarmierung und Kommunikation allfälliger Gefahrensituationen sowie Sicherstellung der Flucht (Selbstrettung), Rettung (Fremdrettung) und Evakuierung aus allfälligen Gefahrensituationen und Gefahrenbereichen in einen sicheren Bereich (und ggf. anschliessende Versorgung der Personen). Zudem soll sichergestellt werden, dass die Zugänglichkeit auch für allfällige Interventionen (Kap. 6.2.4) gewährleistet ist.
Die Anforderungen zur Sicherstellung der Personensicherheit sind u. a. in ArGV 4 und VUV gesetzlich verankert und in Richtlinien von VKF, ENSI, SUVA detailliert. In der Gesamtanlage des gTL ist insbesondere vorzusehen:
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Das Alarm- und Kommunikationssystem muss notfallsicher sein und alle Personen in der Gesamtanlage zuverlässig erreichen.
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Unabhängige FREI-Wege müssen jederzeit an jedem Ort in der Gesamtanlage in ausreichender Anzahl (≥2) vorhanden sein und sind so anzulegen, zu bemessen und auszuführen, dass sie jederzeit rasch und sicher benutzbar sind; sie sind zu kennzeichnen. Für zeitlich (z. B. Bau, Revision) und räumlich (z. B. Blindschacht) beschränkte unvermeidbare Abweichungen müssen Ersatzmassnahmen (z. B. Rettungskammer bzw. -container) umgesetzt werden.
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FREI-Wege müssen in einem sicheren Bereich enden, der nicht zu weit entfernt liegt (z. B. untertag: <500 m, an der Oberfläche: <35 m).
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Den Anforderungen des Strahlenschutzes (Kap. 6.3.2) und der Sicherung (Kap. 6.3.3) bezüglich der Beschränkung der Zugänglichkeit ist bei FREI-Wegen Rechnung zu tragen.
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Sichere Bereiche, die sich nicht im Freien befinden, müssen frischluftversorgt und rauchfrei sein.
Exemplarische Umsetzung OFA
Die Gewährleistung der Personensicherheit in den Gebäuden der OFA während Bau, konventionellem und nuklearem Betrieb ist Standard und es liegt grosse Erfahrung in der Schweiz vor. Durch sachgemässe Umsetzung der VKF-Vorschriften wird sichergestellt werden, dass Flucht, Rettung, Evakuation und Intervention gewährleistet sind.
Die Personensicherheit der UTA hängt von der OFA ab, indem die OFA den sicheren Fluchtendpunkt aller FREI-Wege der UTA darstellt und Rettungs- und Interventionsfähigkeiten für die UTA bereitstellen muss, wie nachstehend beschrieben.
Die OFA verfügt über drei Zufahrten auf den Anlagenperimeter (Fig. 3‑4), die als FREI-Wege alle Gebäude ausser die im Sicherungsbereich (Kap. 6.3.3) direkt erschliessen. Der Sicherungsbereich verfügt über eine reguläre und eine Notzufahrt (Fig. 6‑3). Er kann optional mit einer weiteren Notzufahrt erschlossen werden. Die Anordnung und Erschliessung der Gebäude trägt zur Personensicherheit bei.
Exemplarische Umsetzung UTA
Die Personensicherheit untertag wird umgesetzt, indem dafür Sorge getragen wird, dass im Ereignisfall alle Personen (Kap. 7) so schnell wie möglich sicher aus der UTA in die OFA gebracht werden können. Dies wird in der exemplarischen Umsetzung durch folgende Massnahmen erreicht:
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Dauerhafte Bereitstellung von zwei unabhängigen Zugängen nach untertag, ausgelegt und betrieben als FREI-Wege18, jeweils mit zuverlässigen Fördersystemen (Nagra 2023c) ausgestattet; gegebenenfalls Vorhalten einer mobilen Schachtwinde (Nagra 2023c); beim Schachtabteufen (Kap. 5.1) sind Ersatzmassnahmen vorzusehen.
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Dauerhafte Bereitstellung eines Rettungsraums im zentralen Bereich als sicherer Bereich untertag. Der Rettungsraum ist so ausgerüstet, dass er alle Personen untertag aufnehmen und ausreichend lang autark mit Luft und Wasser versorgen kann; er ist feuerfest ausgelegt, kann autonom gekühlt werden, ist notbeleuchtet und hält Kommunikations-, Sanitär- und Sanitätseinrichtungen vor (DAUB & ITA-AITES 2018).
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Dauerhafte Bereitstellung von zwei durchgehenden markierten Fluchtwegen mit einem phasengerechten19 dauerhaft freien Lichtraum zu einem sicheren Bereich; durch Layout und Bauablauf zu gewährleisten.
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Begrenzung der Fluchtweglänge zum nächsten sicheren Bereich:
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Frischluftführende Tunnel sind als sichere FREI-Wege bzw. sichere Bereiche auszuführen und zu betreiben und mit Querschlägen zugänglich zu machen (Fig. 6‑2). In Abstimmung mit dem Brandschutz- (Kap. 6.2.3) und Lüftungskonzept (Kap. 3.5.1) sind diese Tunnel mit Schleusen / Toren von den aktiven Bau- und Betriebstunneln zu trennen.
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In Bauphasen sind gegebenenfalls Rettungscontainer als temporäre Fluchtendpunkte mitzuführen. Rettungscontainer sind mobil, analog dem Rettungsraum auszuführen und auf die Anzahl des gefährdeten Baupersonals auszulegen.
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Lüftung (Kap. 3.5.1) und Brandschutz (Kap. 6.2.3) stellen die Rauchfreiheit wenigstens eines Fluchtwegs sicher.
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Beim Betreten von Blindstollen sind gegebenenfalls Rettungscontainer als temporäre Fluchtendpunkte mitzuführen.
Fig. 6‑2:Konzept für FREI-Wege in der UTA
Die FREI-Wege in der UTA sind weitgehend als sichere Bereiche ausgebaut, d. h. sie funktionieren auch als Fluchtendpunkte aus Gefahrenbereichen. Der Rettungsraum ist im zentralen Bereich angeordnet. Blindstollen sind nur mit Ersatzmassnahmen zu betreten.
Auslegung und Betrieb als FREI-Weg bedeutet, dass alle festen Einbauten keine bzw. eine möglichst geringe Brandlast haben, eine Sicherheitsbeleuchtung installiert ist, keine Brandlasten zwischengelagert werden und der Weg betrieblich soweit möglich dauerhaft rasch und sicher nutzbar ist. ↩
Während der Bauphase kann aufgrund der baulichen Anforderungen und des temporären Zustands ein etwas kleinerer Lichtraum akzeptiert werden als während der Betriebsphasen. ↩