Charakterisierung: Differenzielle Bewegungen finden bevorzugt an bestehenden Störungen statt (Kap. 6.2.4 in Nagra 2024h). Regionale Störungszonen wurden in der Definition der potenziellen Lager­zonen berücksichtigt (Kap. 3.1.1 in Nagra 2024d) und seismisch kartierte Störungen an den Wirt­gesteins­grenzen wurden mit Blick auf die Flexibilität in der Anordnung der Lagerfelder bewertet (Kr 1.1, siehe Kap. 4.1.1.3). Im Hin­blick auf den langfristigen Erhalt der Rückhalteigenschaften des EG werden ergänzend die seismisch kartierten Störungen in den kompetenten Formationen ober- und unterhalb des EG bewertet. Als kompetente Formationen werden Gesteine in Schichtpaketen bezeichnet, die einer Verformung weitgehend standhalten und bei hoher mechanischer Beanspruchung ein sprödes Verhalten zeigen, was zur Bildung von Störungen führt (Kap. 4.4 und Kap. 5.5.3 in Nagra 2024h). Differenzielle Bewegungen entlang solcher Störungen können sich potenziell auch in den EG fortpflanzen. Auch wenn selbst in solchen Situationen durchgängige Fliesspfade mit erhöhter hydraulischer Durchlässigkeit im EG über längere Zeiträume sehr unwahrscheinlich sind  (Kap. 5.5, 5.6 und 5.7 in Nagra 2024h), wird eine Situation ohne solche Störungen bevorzugt, weil sie bzgl. der Beständigkeit der Standort- und Gesteins­eigenschaften robuster ist. Es gibt Unterschiede in der strukturellen Komplexität (Kap. 4.3.3 in Nagra 2024h). Im Bereich der potenziellen Lagerzone weist NL den grössten Bereich ohne seismisch kartierte Störungen in den kompetenten Formationen auf, während in ZNO am meisten Störungen kartiert sind (Kap. 4.3.4 in Nagra 2024h und Kap. 5.3 in: (Nagra 2024a), (2024b), (2024c)).

Kennzahlen und Bewertung: Bei einem Abstand von 100 m beträgt der ungestörte Flächenanteil in NL 100 % (HAA) und 95 % (SMA). In JO sind solche Störungen in einem erheblichen Teil der Platzreserven kartiert; der ungestörte Flächenanteil in JO beträgt ca. 70 % (HAA) und ca. 90 % (SMA). In ZNO sind solche Störungen im überwiegenden Teil der Platzreserven kartiert; der ungestörte Flächenanteil in ZNO beträgt ca. 35 % (HAA und SMA). Unter Betrachtung eines Abstandes von 200 m zu den seismisch kartierten Störungen verkleinert sich der ungestörte Flächen­anteil in JO und ZNO weiter, in NL verbleibt er immer noch bei 100 % (HAA) bzw. bei 85 % (SMA).

Weitere Betrachtungen: Sollte es zu einer zukünftigen Neubildung von Störungen im EG kommen, so dürften deren Länge und Versätze in allen Standortgebieten eher klein ausfallen (Kap. 6.2.4 in Nagra 2024h), und das Selbstabdichtungsvermögen der tonmineralreichen Gesteine in allen EG ausreichend wirksam sein (Kap. 5.7 in Nagra 2024h). 

Entsprechend wird der Indikator «Seismisch kartierte Störungen in kompetenten Formationen» in JO mit günstig (HAA) und sehr günstig (SMA) bewertet, in NL mit sehr günstig (HAA und SMA) und in ZNO mit bedingt günstig (HAA und SMA). Aufgrund der angestrebten Vermeidung von Störungen, die ober- und unterhalb des EG und der Platzreserven kartiert sind, wird die Rang­folge der Standortgebiete wie folgt eingestuft: NL steht auf Rang 1, JO auf Rang 2 und ZNO auf Rang 3. Dies gilt für HAA und SMA.

Fazit: Die seismisch kartierten Störungen in den Gesteinen ober- und unterhalb des EG deuten in NL auf sehr günstige, in JO auf günstige bis sehr günstige und in ZNO auf bedingt günstige Verhältnisse hinsichtlich zukünftiger differentieller Bewegungen im EG hin.