Für die bauliche Umsetzung gelten folgende Anforderungen:

1. Handhabung der Materialien

Anforderung: Sämtliche Verfüll- und Versiegelungsmaterialien sind so zu transportieren und zu lagern, dass die geforderten Eigenschaften gewährleistet werden.

Massnahme: Um die quellfähigen Baumaterialien mit dem erforderlichen Quellpotenzial einzubauen, muss eine trockene Lagerung sowie ein Transport bei geringer Luftfeuchtigkeit bzw. in dichter Verpackung sichergestellt werden.

2. Vollständige Hohlraumverfüllung mit geforderter minimaler Raumdichte und Homogenität pro Element oder Strecke

Anforderung: Sämtliche Verfüll- und Versiegelungsmaterialien sind so einzubringen, dass keine Hohlräume verbleiben, die geforderte minimale Raumdichte pro Streckenabschnitt erreicht wird und die Verdichtung über den Querschnitt möglichst homogen ist.43

Massnahme: Voraussetzungen für einen zuverlässigen Einbau sind neben einer guten Zugänglichkeit für Einbring- und Verdichtungsgeräte – sofern möglich (siehe Kapitel 5) – eine gleichmässige Ausbruchlaibung ohne grosse Sprünge und Einbauten.

3. Standsicherheit und Auflockerung der Tunnellaibung

Anforderung: Die Laibung bzw. die Umgrenzungslinie des Hohlraums muss während des Einbaus von Verschlusskomponenten in ihrer Lage stabil und standsicher sein (d.h. zu keinen bzw. nur sehr kleinen Deformationen führen und eine ausreichende Sicherheit gegen Niederbrüche gewähren). Ausbruchsnahe stark aufgelockerte Gebirgsbereiche sind möglichst zu minimieren.

Massnahmen: Ungesicherte Längen bzw. Flächen sind entsprechend den Gebirgsverhältnissen so zu wählen, dass der Opalinuston für die Dauer des Einbaus der Verschlusskomponente standfest bleibt. Durch die Auslegung der verbleibenden Ausbauelemente sind die Gebirgsverformungen während des Einbaus der Verschlusskomponenten zu minimieren. Bauverfahren und Massnahmen sind so zu wählen, dass im Bereich der Verschlusskomponenten stark aufgelockertes Gebirge minimiert wird.

4. Ebene und saubere Oberfläche der Umgrenzungsfläche des Hohlraums

Anforderung: Die Oberfläche der Umgrenzungsfläche soll eben, frei von losen Bestandteilen und trocken sein.

Massnahmen: Grosse Unebenheiten oder Absätze erschweren den vollständigen und verdichteten Einbau von Schüttmaterial. Lose Bestandteile sind vor dem Einbau zu entfernen. Trockenheit kann im Opalinuston vorausgesetzt werden.

5. Lichtraumprofil und Zugänglichkeit

Anforderung: Ausreichendes Lichtraumprofil und Zugänglichkeit für den Einbau der Verfüllung unter Wahrung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes

Massnahmen: Der betriebssichere Zugang mindestens von einer Seite zur Verfüll- bzw. Einbaufront ist zu gewährleisten. Die Arbeitsfront muss sonderbelüftet werden.

6. Dauerhaftigkeit des Ausbaus/ Verhalten der mechanischen Stützung der Verfüllung

Anforderung: Der Ausbau der Verfüllstrecken erfüllt die Stützwirkung so lange, bis die hohe Schüttdichte oder der Quelldruck der Verfüllung die Stützwirkung übernimmt.

Massnahmen: Die Nutzungsdauer des Ausbaus muss so ausgelegt werden, dass der Ausbau die Stützwirkung aufrechterhält, bis der entsprechende Abschnitt verfüllt und durch ein Widerlager begrenzt wird. Die erreichbare mittlere Schüttdichte der Verfüllung in den horizontalen Tunneln ist limitiert. Aber selbst wenn die Ausbruchsicherung versagt, bevor ein Quelldruck aufgebaut ist, lässt sich die Verfüllung bei den erwarteten Spannungsverhältnissen nicht wesentlich weiter verdichten, als es beim Einbau technisch möglich ist. Für den Fall, dass der Ausbau versagt, bevor ein Quelldruck aufgebaut ist, verengt sich daher der Hohlraum nur geringfügig, bis wieder ein Gleichgewicht mit der Verfüllung erreicht wird.

7. Quellfähiges Dichtelement

Anforderung: Das Material des Dichtelements muss, um die dichtende und langfristig gebirgsstützende Wirkung zu erreichen, quellfähig sein.

Massnahmen: Einsatz eines tonreichen Materials und Gewährleistung eines ausreichenden, gleichmässigen Feuchtigkeitseintrags. Siehe auch Überlegungen unter Punkt 1 und Punkt 2.

8. Kontrollierte Klima- bzw. Feuchtigkeitsverhältnisse während des Einbaus der Dichtelemente

Anforderung: Die Luftfeuchtigkeit ist konstant so gering zu halten, dass tonreiches Versiegelungs- und Verfüllmaterial nicht vor oder während des Einbaus zu quellen beginnt.

Massnahmen: Geeignete klimatische Bedingungen sind durch das Lüftungs- und Kühlungskonzept zu gewährleisten. Eine entsprechende maximal zulässige Luftfeuchtigkeit wurde beispielsweise im FE-Experiment im Felslabor Mont Terri für vorgefertigte Bentonitblöcke Nagra (2019) ermittelt. Es ist aber zu beachten, dass die Entfeuchtung nicht dazu führen darf, dass der Opalinuston übermässig austrocknet.

9. Anforderungen an die Materialisierung

Anforderungen: Es dürfen nur Einbaumaterialien verwendet werden, welche die Anforderungen aus der Langzeitsicherheit erfüllen. Die Komponenten des Verschlusssystems sollen geeignete geochemische Eigenschaften aufweisen, welche sowohl mit dem jeweils angrenzenden Gesteinsbereich als auch mit den jeweils angrenzenden technischen Komponenten über den gesamten Betrachtungszeitraum verträglich sind (siehe Abschnitt 2.6).

Massnahmen: Für die Komponenten des Verschlusses sollen bewährte, ausreichend verfügbare Materialien sowie bewährte Einbaumethoden und -geräte verwendet werden. Die Beurteilung, was an dieser Stelle unter "bewährt" zu verstehen ist, darf jedoch nicht zu unzweckmässigen Einschränkungen führen. Sonderanfertigungen, Neu- und Weiterentwicklungen sind grundsätzlich möglich. Die Eignung wird in vorgesehenen Demonstrationen in den Testbereichen nachgewiesen (2021b). Technische Fortschritte bis zum tatsächlichen Einsatz in einigen Jahrzehnten sind sukzessive zu berücksichtigen und zu begrüssen.

10. Vermeidung Kolloidmobilisierung infolge Wassersickerpfade

Anforderung: Der Aufbau der Versiegelungsbauwerke hat sicherzustellen, dass bei einem Druckgradienten kein tonreiches Dichtmaterial durch Mobilisierung ausgewaschen werden kann.

Massnahmen: Dies kann durch eine gleichmässige Beaufschlagung der Wasserdrücke auf den Bauwerksquerschnitt erreicht werden (z.B. durch Übergangsschichten inkl. Filterschichten bzw. Äquipotenzialschichten). Die Entstehung von präferierten Fliesspfade ("Fingering") können durch in regelmässigen Abständen eingebaute Filterschichten unterbunden werden.

11. Widerstand gegen lager- und portalseitige Lasten

Anforderung: Das Versiegelungsbauwerk soll sowohl portalseitigen Lasten, z.B. infolge eines anstehenden Wasserdrucks, als auch lagerseitigen Lasten infolge des Quellens der Verfüllung des Versiegelungsbauwerks bzw. der Lagerkammern und Lagerzugänge standhalten.

Massnahmen: Um sowohl die portal- als auch die lagerseitigen Lasten in das Wirtgestein abzuleiten, sind entsprechende Widerlager zu errichten.


  1. Die ATA-Abfälle werden zusammen mit den SMA-Abfällen in das SMA-Lager bzw. in den SMA-Lagerteil des Kombilagers überführt und sind daher in diesem Bericht auch unter "SMA-Abfälle" erfasst.