Beim Bau der Widerlager, des Dichtelements und der Übergangsschichten des Versiegelungsbauwerks ist in der Interaktion mit dem Gebirge mit unterschiedlichen Gefährdungsbildern zu rechnen.
In Tab. 5‑1 sind die Gefährdungsbilder, die beim Bau der Versiegelungsbauwerke auftreten können, beschrieben, und es werden entsprechende Massnahmen zu deren Vermeidung vorgeschlagen. Die letzten drei Spalten ordnen das Gefährdungsbild den jeweiligen Elementen des Versiegelungsbauwerks zu.
Tab. 5‑1:Übersicht bautechnischer Gefährdungsbilder entlang der Versiegelungsbauwerke beim Bau der Widerlager (W), des Dichtelements (D) und der Übergangsschichten (Ü)
Nr. |
Name |
Beschreibung |
Annahme/Massnahme |
W |
D30 |
Ü31 |
1 |
Steinfall |
Gefährdung der Belegschaft durch Ablösen von Gesteinsteilen im Firstbereich (Grösse einige dm3). |
Reinigen der durch das Rauben der Ausbruchsicherung bzw. des Ausbaus freigelegten Gesteinsfläche und Arbeiten nur aus gesicherten Bereichen heraus. |
× |
× |
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2 |
Auflockerung im Firstbereich |
Überbeanspruchung der Ausbruchsicherung infolge Auflockerungsdruck. Durch die Entlastung entsteht ein aufgelockerter Bereich, welcher zu einem Auflockerungsdruck im Firstbereich auf den Ausbau führt. |
Je nach vorliegender Standfestigkeit des Gebirges müssen beim Rauben der Ausbruchsicherung Teile der bestehenden Ausbruchsicherung beibehalten werden. Zusätzlich müssen ggf. neue Sicherungsmittel wie z. B. Anker oder Stahlbögen eingebaut werden, damit die verbleibende Ausbruchsicherung nicht überbeansprucht wird bzw. damit keine Ablösungen niederbrechen. Die Arbeiten erfolgen nur aus gesicherten Bereichen heraus. |
× |
× |
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3 |
Ablösungen und Niederbruch |
Gefährdung der Belegschaft und von Maschinen durch gravitations- oder spannungsbedingte Ablösungen entlang von Trennflächen oder Brüchen im First, Kämpfer oder in den Paramenten. |
× |
× |
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4 |
Ausbildung einer starken Auflockerung mit weit offenen und verbundenen Rissen |
Potenziell unzulässige Erhöhung der Gebirgsdurchlässigkeit infolge der Bildung einer ausbruchsnahen Auflockerungszone mit nicht-selbstabdichtenden offenen Rissen. Durch das Auffahren der Tunnel kommt es zu Spannungsumlagerungen, welche das umliegende Gebirge durch Volumenvergrösserung auflockern. |
Teilentfernen (Einschnitte) der ausbruchsnahen Auflockerungszone zur Verminderung von hydraulischen Fliesswegen. |
× |
× |
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5 |
Unzulässige Deformationen infolge druckhaftem Gebirge |
Entlastung und spannungsinduzierte Bruchvorgänge infolge Überschreitens der Gebirgsfestigkeiten führen zu unzulässigen Tunnelkonvergenzen. |
Um unzulässige Deformationen zu vermeiden, wird in druckhaften Tunnelabschnitten die bestehende Ausbruchsicherung bzw. der Ausbau nicht über die gesamte Dichtelementstrecke entfernt. Der verbleibende Ausbau ist so auszulegen, dass er die Lasten aus den geraubten Strecken aufnehmen kann. In den geraubten Abschnitten werden systematische radiale Anker oder Stahlbögen verbaut32 (siehe auch Gefährdungsbild 2 und 3). Je grösser die Druckhaftigkeit des Gebirges, umso kleiner dürfen die zu raubenden Abschnitte sein. |
× |
× |
× |
6 |
Überbeanspruchung des Ausbaus infolge druckhaftem Gebirge |
Durch den echten Gebirgsdruck kann die Ausbruchsicherung bzw. der Ausbau überbeansprucht und beschädigt werden. |
× |
× |
× |
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7 |
Zeitabhängige Deformation (resp. Zunahme Gebirgsdruck |
Bei gesättigtem Opalinuston kommt es infolge der aufgetretenen Volumenvergrösserung in der plastischen Zone zu langandauernden Spannungsumlagerungen infolge des Abbaus der Porenwasserüberdrücke. Diese führen zu zeitabhängigen Verformungen oder Gebirgsdruckzunahmen |
Keine Massnahmen nötig. Die Zunahme des Gebirgsdrucks hat für den kurzen Bauzustand der Versiegelungsbauwerke keine Relevanz. Nach dem erfolgten Einbau der Versiegelung und vor der vollständigen Sättigung des Dichtelements führt ein Versagen des Ausbaus zu keiner Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit der Versiegelung. Das satt eingebaute Dichtelement wird lediglich durch die Konvergenzen weiter kompaktiert. Eine Vergrösserung der auflockerungsbedingten Rissbildung ist langfristig aufgrund der selbstabdichtenden Wirkung des Wirtgesteins zu vernachlässigen. Langfristig stellt sich ein Gleichgewicht zwischen dem Gebirgsdruck und dem Quelldruck des Dichtelements bei einer geringen Konvergenz ein. |
× |
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8 |
Bergschlag in hochbelastetem, sprödem Gebirge |
Gefährdung der Belegschaft durch plötzliche, schlagartige Ablösungen am Ausbruchsrand. |
Anker in First, Kämpfer und Paramenten. |
× |
× |
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9 |
Quellhebung |
Unzulässige Sohlhebung (Verletzung des für den Bau der Versiegelung erforderlichen Lichtraums) durch Tonquellen. |
Zur Verhinderung von Quellhebungen muss darauf geachtet werden, dass während der Bauphase dem Opalinuston kein Wasser zugeführt wird. Im Falle einer Quellhebung vor dem Einbau der Versiegelungen ist die Sohle nachzuschneiden, um das erforderliche Lichtraumprofil wiederherzustellen. Nach dem erfolgten Einbau der Versiegelung und vor der vollständigen Sättigung des Dichtelements führen Quellhebungen zu keiner Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit der Versiegelung. Das satt eingebaute Dichtelement wird lediglich durch die Hebungen kompaktiert. |
× |
× |
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10 |
Erhöhte Durchlässigkeit für Gas und Wasser infolge verbleibender Ausbauelemente |
Die Entfernung des bestehenden Ausbaus dient dazu, die ggf. vorhandene Fliesspfade zwischen Tunnelausbau und Wirtgestein zu unterbrechen. Muss der bestehende Ausbau aufgrund einer geringen Standfestigkeit im Tunnel verbleiben, werden diese Fliesspfade streckenweise nicht unterbrochen, wodurch die Gesamtdurchlässigkeit der Versiegelungsbauwerke erhöht sein kann. |
Die Durchlässigkeiten der Versiegelungsbauwerke sind für eine bestimmte Länge, über welche das Dichtelement in form- und kraftschlüssigem Kontakt mit dem Wirtgestein ist, dimensioniert. Daraus resultiert, dass im Fall von einem verbleibenden Ausbau die Gesamtlänge des Dichtelements erhöht werden muss, um die erforderliche Strecke, über welche der form- und kraftschlüssige Kontakt zwischen Dichtelement und Wirtgestein benötigt wird, sicherzustellen. |
× |
Hier wird auch die Übergangsschicht inkludiert, die sich innerhalb der Widerlager unmittelbar am Dichtelement selbst befinden. Hier ist ein Rauben der Ausbruchsicherung wie beim Dichtelement notwendig. ↩
Hier werden nur die Übergangsschichten, die sich ausserhalb der beiden Widerlager zur Abgrenzung der anliegenden Verfüllung befinden, berücksichtigt. Hier kann i.d.R. auf ein Rauben der Ausbruchsicherung verzichtet werden. ↩
Ausbau mit Stahlbögen gilt hier nur für den Bereich des Dichtelements. Im Bereich des Widerlagers sind nur punktuelle Ausbruchsicherungen mit temporär-helfenden Konstruktionselementen wie z. B. «Verzugsmatten» vorgesehen. ↩