In (Art. 37 Abs. 1 Bst. b KEG 2003) wird für das geologische Tiefenlager die Betriebsbewilligung erteilt, wenn […] die Rückholung der radioaktiven Abfälle bis zu einem allfälligen Verschluss ohne grossen Aufwand möglich ist.
Dabei ist gemäss (Art. 11 Abs. 2 Bst. c KEV 2004) ein geologisches Tiefenlager so auszulegen, dass Vorkehrungen […] zur Rückholung der Abfälle die passiven Sicherheitsbarrieren nach dem Verschluss des Lagers nicht beeinträchtigen (Art. 11, Abs. 2 Bst. c KEV 2004). Zudem gilt in Anlehnung an (Art 53. Abs 1 KEV 2004) die Pflicht für Personen, die Materialen aus kontrollierten Zonen entfernen wollen, eine qualitätsgesicherte Freimessung durchzuführen und diese zu dokumentieren.12
Ferner verlangt (Art. 65 Abs. 2 Bst. c KEV 2004), vor Inbetriebnahme des Tiefenlagers die sicherheitsrelevanten Techniken zu erproben und deren Funktionstüchtigkeit nachzuweisen. Dies betrifft insbesondere […] das Entfernen des Verfüllmaterials zwecks allfälliger Rückholung von Abfallgebinden und die Technik zur Rückholung von Abfallgebinden.
In (Art. 67 Abs. 1 KEV 2004) wird gefordert, dass der Eigentümer eines geologischen Tiefenlagers nach Einlagerung der Abfallgebinde die Lagerkavernen und -stollen zu verfüllen hat, und in (Art. 67 Abs. 2 KEV 2004), dass er die Verfüllung so vorzunehmen hat, dass die Langzeitsicherheit gewährleistet und eine Rückholung der Abfälle ohne grossen Aufwand möglich ist.
Die Richtlinie ENSI-G03 (ENSI 2020b) definiert Rückholung wie folgt:
Die Rückholung umfasst die Bergung und den Transport von eingelagerten radioaktiven Abfällen aus dem geologischen Tiefenlager zurück an die Oberfläche (siehe Anhang 1 ENSI 2020b).
Zudem stellt (Kap. 7.4.1 ENSI 2020b) bezüglich Rückholung folgende generelle Vorgaben:
Ein geologisches Tiefenlager einschliesslich der Tiefenlagerbehälter ist so auszulegen, dass eine Rückholung der radioaktiven Abfälle bis zum Verschluss ohne grossen Aufwand möglich ist.
Eine Rückholung oder Teilrückholung der Abfälle ist vorzunehmen, falls während der Betriebsphase der Sicherheitsnachweis nicht mehr erbracht werden kann und eine wirksame Instandsetzung der Sicherheitsbarrieren nicht mehr möglich ist.
Im Erläuterungsbericht (ENSI 2020a) zur Richtline ENSI-G03. (ENSI 2020b) wird zu Kapitel 7.4. «Rückholung ohne grossen Aufwand» geschrieben:
zu Kapitel 7.4.1 «Generelle Vorgaben»:
Zu Bst. a: Die gesetzlich geforderte Möglichkeit zur Rückholung der radioaktiven Abfälle ohne grossen Aufwand (Art. 37 Abs. 1 Bst. b KEG 2003) und (Art. 67 Abs. 2 KEV 2004) gilt bis zum Lagerverschluss. In der Botschaft des Bundesrats zum Kernenergiegesetz 13 (S. 2756 Eckerle et al. 2001) wird erläutert, dass die eingelagerten Abfälle vor dem Verschluss ohne grossen Aufwand rückholbar sind, dass sie aber auch nach dem Verschluss, wenn auch mit erhöhtem technischem und finanziellem Aufwand, zurückgeholt werden können. Alle zur Sicherstellung der allfälligen Rückholung notwendigen Massnahmen dürfen dabei die passiven Sicherheitssysteme eines geologischen Tiefenlagers und damit die Langzeitsicherheit nicht beeinträchtigen (Art. 11 Abs. 2 Bst. c KEV 2004).
Vor Inbetriebnahme eines Tiefenlagers ist nachzuweisen, dass das Entfernen des Verfüllmaterials zwecks allfälliger Rückholung und die Technik zur Rückholung der Abfälle funktionieren (Art. 65 Abs. 2 Bst. b und c KEV 2004). An die konkrete Umsetzung der Rückholung werden mit Ausnahme des Nachweises der Funktionstüchtigkeit der sicherheitsrelevanten Techniken vor Beginn der Einlagerung und der einzureichenden Konzepte (vgl. Kap. 7.4.2 ENSI 2020b) keine weiteren Anforderungen gestellt, da die Rückholung ohne grossen Aufwand kein vorgesehener Bestandteil des Betriebs ist. Die für die Rückholung geltenden Sicherheitsanforderungen müssen jedoch mindestens den in der Betriebsbewilligung festgelegten Anforderungen entsprechen.
Eine allfällige Rückholung der radioaktiven Abfälle wird erleichtert, wenn die Tiefenlagerbehälter bis zum Ende der Beobachtungsphase (Art. 68 KEV 2004) mechanisch intakt und damit transportierbar bleiben.
Bei der Auslegung soll die Dauerhaftigkeit der untertägigen Tragwerke, die für eine allfällige Rückholung verwendet werden sollen, bis zum Verschluss des Tiefenlagers gewährleistet werden.
Zu Bst. b: Während eine Rückholung der radioaktiven Abfälle grundsätzlich nicht nur aufgrund von Sicherheitsüberlegungen erfolgen könnte, sondern auch aufgrund eines sich entwickelnden Standes von Wissenschaft und Technik, gesellschaftspolitischen oder ökonomischen Argumenten, stellt die Richtlinie bewusst nur Anforderungen an eine Rückholung der Abfälle für den Fall eines nicht (mehr) erbringbaren Sicherheitsnachweises. Dieser könnte zum Beispiel aufgrund der Folgen eines Störfalls während der Betriebsphase oder durch ein unerwartetes Versagen des Barrierensystems während der Beobachtungsphase eintreten. Dabei soll die Möglichkeit berücksichtigt werden, dass ein Sicherheitsnachweis auch gestützt auf betriebliche Massnahmen (z. B. durch Umlagerung von Abfällen innerhalb des Lagers) wieder erbracht werden kann (vgl. ENSI G03 – Erläuterungsbericht, Kap. 6.2 ENSI 2020a).
In (Kap. 7.4.2 ENSI 2020b) wird im Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle gefordert:
Mit dem Rahmenbewilligungsgesuch (RBG) ist ein Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle einzureichen. Im Konzept muss mindestens dargestellt werden, welche planerischen, logistischen, baulichen und überwachungstechnischen Schritte notwendig sind, um eine allfällige Rückholung bis zum Verschluss des Lagers sicherzustellen (Art 7.4.2 Bst. a ENSI 2020b).
Mit dem Baugesuch ist das Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle zu konkretisieren und ein Projekt zur Demonstration der Rückholtechnik in den Testbereichen zu erstellen (Art 7.4.2 Bst. b ENSI 2020b).
Mit dem Betriebsbewilligungsgesuch ist das Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle aufgrund der Resultate in den Testbereichen zu aktualisieren (Art 7.4.2 Bst. c ENSI 2020b).
Das Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle ist während der Betriebsphase periodisch zu aktualisieren und dem ENSI einzureichen (Art 7.4.2 Bst. d ENSI 2020b).
Bei einer grundlegenden Änderung des Konzepts sind in den Testbereichen erneut Demonstrationsexperimente durchzuführen. Das aktualisierte Konzept ist dem ENSI zur Freigabe einzureichen (Art 7.4.2 Bst. e ENSI 2020b).
Im Erläuterungsbericht (ENSI 2020a) zur Richtline ENSI-G03. (ENSI 2020b) wird zu Kapitel 7.4.2 «Konzept zur allfälligen Rückholung der radioaktiven Abfälle» folgendes geschrieben:
Das Rückholungskonzept ist jeweils mit dem Gesuch für die Rahmen-, Bau- und Betriebs-bewilligung sowie periodisch über die Beobachtungsphase hinweg an den Stand von Wissenschaft und Technik beziehungsweise an die Ergebnisse der Überwachung anzupassen. […]
Zu Bst. a: Das mit dem Rahmenbewilligungsgesuch einzureichende Konzept für eine allfällige Rückholung der radioaktiven Abfälle ohne grossen Aufwand beschreibt die Art und Weise des Vorgehens in den Grundzügen. […]
Zu Bst. b: Das mit dem Baugesuch zu aktualisierende Konzept für eine allfällige Rückholung der radioaktiven Abfälle legt die entsprechende Technik und Organisation in erhöhtem Detaillierungsgrad dar. Die Rückholung soll dabei für die verschiedenen Betriebsphasen, für verschiedene Szenarien der Rückholung und Zustände von Stollen und Tiefenlagerbehältern differenziert betrachtet werden (z. B. das Wiederauffahren verfüllter Stollen, das Aufbrechen von Siegelstrecken, das Entfernen von Verfüllungen der Lagerkammern, das Greifen und Sichern der Tiefenlagerbehälter und der Rücktransport zur Oberfläche). […] Eine Abschätzung der aufgrund der Rückholung resultierenden Strahlenexposition für Personal und Bevölkerung soll vorgenommen und mit den Folgen einer nicht durchgeführten Rückholung verglichen werden.
Das mit dem Baugesuch einzureichende Projekt zur Demonstration der Funktionstüchtigkeit zeigt auf, anhand welcher Demonstrationsversuche und mit welchen Abfallgebinden die Rückholungstechnik und deren Funktionstüchtigkeit unter den später zu erwartenden Bedingungen gezeigt werden soll. […]
Zu Bst. c: Die Aktualisierung des Rückholungskonzepts soll neben den Erfahrungen, die aus der Demonstration der Funktionstüchtigkeit gemäss Art. 65, Abs. 2 Bst. b und c KEV 2004 resultieren, auch die aktuell vorgesehenen Systeme der Überwachung berücksichtigen, die eine wichtige Grundlage für den Entscheid über eine mögliche Rückholung liefern.
Zu Bst. d: Während der gesamten Betriebsphase soll immer ein gültiges und nachgewiesenermassen funktionierendes Rückholungskonzept vorhanden sein. Die entsprechenden Techniken müssen erprobt sein, die entsprechenden Geräte und Materialien jedoch nicht vorgehalten werden.
Zu Bst. e: Grundlegende Änderungen im Konzept könnten sich etwa ergeben, wenn die Siegel und Verfüllungen im Verlauf der Betriebsphase derart angepasst würden, dass die bis anhin vorgesehenen Geräte und Materialien für eine Rückholung nicht mehr einsetzbar sind und die Resultate der ursprünglichen Demonstrationsexperimente nicht mehr aussagekräftig sind.
Die gesetzlich geforderte Möglichkeit zur Rückholung der radioaktiven Abfälle ohne grossen Aufwand (Art. 37 Abs. 1 Bst. b KEG 2003 und Art. 67 Abs. 2 KEV 2004) gilt bis zum Lagerverschluss. […] Die für die Rückholung geltenden Sicherheitsanforderungen müssen […] mindestens den in der Betriebsbewilligung festgelegten Anforderungen entsprechen (ENSI G-03 Erläuterungsbericht, Art. 7.4 Bst a ENSI 2020a).
Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Dez. 2018, in Kraft seit 1. Febr. 2019 (AS 2019 183). ↩
01.022: Botschaft zu den Volksinitiativen «MoratoriumPlus – Für die Verlängerung des Atomkraftwerk-Baustopps und die Begrenzung des Atomrisikos (MoratoriumPlus)» und «Strom ohne Atom – Für eine Energiewende und die schrittweise Stilllegung der Atomkraftwerke (Strom ohne Atom)» sowie zu einem Kernenergiegesetz vom 28. Februar 2001. ↩