Das Rückholungskonzept zeigt, wie eine Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem geologischen Tiefenlager bis zu einem allfälligen Verschluss ohne grossen Aufwand (Art. 37. Abs. 1 Bst. b KEG 2003) mit heutiger Technik erfolgen kann, wenn z. B. der Sicherheitsnachweis nicht mehr erbracht werden kann (Kap. 7.4.1 ENSI 2020b). Stufengerecht beschreibt es die dafür notwendigen planerischen, logistischen, baulichen und überwachungstechnischen Schritte in den Grundzügen. Der Bericht bildet eine Grundlage für die spätere Entwicklung des mit dem Baugesuch zu aktualisierenden Rückholungskonzepts.
Der betrachtete Rückholungszeitpunkt ist abdeckend gewählt in dem Sinn, dass die für die Rückholung relevanten Elemente der längsten zeitlichen Entwicklung ausgesetzt sind. Die Rückholung der eingelagerten Abfälle aus den verfüllten Lagerkammern ist zu diesem Zeitpunkt im Nachweiszeitraum für die Konzeptentwicklung am anspruchsvollsten umzusetzen. Gleichzeitig ist die Anzahl der für die Rückholung rückzubauenden Verschlussbauwerke zu diesem Zeitpunkt am grössten.
Das Konzept für die Rückholung der HAA zeigt, wie unter den beengten Platzverhältnissen mit heute verfügbarer Technik weitestgehend ferngesteuert eine Rückholung umgesetzt werden kann. Die grösste Herausforderung gegenüber dem Einlagerungsbetrieb stellt die hohe Temperatur im aufgeheizten Lagerstollen dar. Daher muss die Bewetterung zusätzlich um Kühlungsmassnahmen erweitert werden, die ein gefordertes Raumklima herstellen können. Die Konkretisierung dieser Massnahmen ist Teil der zukünftigen planerischen Schritte.
Das Konzept für die Rückholung der SMA kann aufgrund der geringeren Strahlenexposition im Wesentlichen durch Personal mit konventioneller Technik des Untertagebaus durchgeführt werden, wobei entsprechende Strahlenschutzmassnahmen (StSV 2017) umzusetzen sind. Hier ist das Lösen der ELB aus dem Mörtelverbund ohne Beschädigung der ELB die grösste Herausforderung. Mit dem gezeigten Schneidverfahren lassen sich die Behälter zuverlässig und sicher lösen. Die Anpassung der Kavernenverfüllung und die Fernsteuerung der Geräte bieten im Hinblick auf den langen Zeithorizont Optimierungspotenzial für zukünftige Konzepte.
Bis zum Einlagerungsbeginn ins geologische Tiefenlager (ca. 2050) und dessen Verschluss (ca. 2125) wird das Rückholungskonzept stufengerecht weiterentwickelt, erprobt und aktualisiert (Kapitel 2.4). Dabei werden technologische Entwicklungen (z. B. Automatisierung und Robotik) berücksichtigt. Weiterhin werden Erfahrungen einfliessen, welche in weiter fortgeschrittenen Programmen in anderen Ländern gemacht werden, z. B. mit Austausch im Rahmen der IGD-TP (Implementing Geological Disposal of Radioactive Waste - Technology Platform).
Derzeit laufen verschiedene Langzeitexperimente im Massstab 1:1, wie das FE-Experiment (Nagra 2019) im Felslabor Mont Terri oder HotBent (Schneeberger et al. 2021) im Felslabor Grimsel. In diesen Experimenten werden Erkenntnisse, z. B. zu Einlagerung und Einbau der Verfüllung, zur thermischen Entwicklung und dem Sättigungsverhalten der Bentonit-Verfüllung, gewonnen, die in die zukünftigen Rückholungskonzepte einfliessen.
Im Baugesuch wird ein erweitertes Konzept mit höherem Detaillierungsgrad eingereicht (siehe zu Kap. 7.4.1 Bst. b ENSI 2020a). Die Rückholung wird u.a. für verschiedene Szenarien und Zustände von Kavernen, Stollen und Endlagerbehältern differenziert betrachtet werden.
Zur weiteren Entwicklung der Verfahren und Geräte für die Einlagerung und Rückholung sind zunächst Laborerprobungen vorgesehen (Fig. A3-13 Nagra 2021d). Zum Erhalt der Betriebsbewilligung hat die Nagra die Funktionstüchtigkeit einer Rückholung nachzuweisen (vgl. Art. 65 KEV 2004). Dafür sieht die Nagra Demonstrationsbauwerke für SMA- und HAA-Lagerkammern untertag (Nagra 2021b) vor. Mit den Nachweisresultaten ist zusammen mit dem Betriebsbewilligungsgesuch das Konzept zur allfälligen Rückholung zu aktualisieren (Art 7.4.2 Bst. c ENSI 2020b).
Mit Beginn der Einlagerung stehen so erprobte und demonstrierte Verfahren und Geräte zur Rückholung zur Verfügung, die anhand von während der Einlagerung gewonnenen Erfahrungen überprüft und kontinuierlich weiterentwickelt werden.