Die vorbereitenden Arbeiten umfassen alle Schritte, welche notwendig sind, um eine Rückholung der radioaktiven Abfälle aus den verfüllten Lagerkammern beginnen zu können.

Diese bestehen – je nach Zustand des Tiefenlagers (Fig. 4‑1) zum Rückholungszeitpunkt – aus dem Rückbau der Verschlussbauwerke und Ausräumen der Verfüllungen bis zu den Lager­kammern sowie aus der Wiedereinrichtung der notwendigen Infrastruktur (z. B. Lüftung, Kühlung, Elektrifizierung). Zudem wird eine Zustandserfassung6 der für die Rückholung benötig­ten Elemente des geologischen Tiefenlagers fortlaufend mit der «Wiederauffahrung» vorge­nom­men. Auftretende Abweichungen von erwarteten Zuständen werden erfasst und entsprechende Massnahmen für die Umsetzung der Rückholung getroffen. Bevor die ELB in den Lagerkammern freigelegt werden können, müssen zudem Massnahmen zum Strahlenschutz und zur nuklearen Betriebssicherheit umgesetzt werden.

Die Arbeiten zur Erstellung des erforderlichen Lichtraumprofils finden weitestgehend innerhalb des verbliebenen Tunnelausbaus statt. Zur Gewährleistung der Arbeits- und Betriebssicherheit sind bei Bedarf Instandsetzungen des vorhandenen Tunnelausbaus vorzusehen. Lediglich in den Strecken der Dichtelemente der Versiegelungen liegt nach dem Ausräumen kein flächenhafter Tunnelausbau mehr vor. Daher müssen diese Flächen für die Rückholung neu gesichert und ausgebaut werden. Alle diese Arbeiten sind im Untertagebau gängige Praxis. In Tab. 5‑1 werden die notwendigen Gerätschaften für die vorbereitenden Arbeiten aufgeführt.

 

Tab. 5‑1:Anlagen und Gerätschaften für die vorbereitenden Arbeiten

Gerät (Einsatzort)

Funktion

Schachtförderanlage(n)  (Betriebsschacht)

Transport sämtlicher Güter und Personen zwischen Ober­fläche und untertag. Dazu gehört insbesondere der Transport der Gerätschaften, des Abbruchmaterials sowie der ELB.

Bagger mit Abbruchhammer, Schrämkopf und Schaufelarm

(Lagerfeldzugänge, Abzweiger­tunnel inkl. V1-Versiegelungen)

Abbrechen von unbewehrten Betonwiderlagern und ggf. Lösen von verfestigten Verfüllmaterialien.

Entfernen von Verfüllmaterial der Lagerfeldzugänge und der Dichtelemente sowie Beladen des Dumpers für den Ab­transport des gebrochenen Abraums.

Untertagedumper (Lagerfeldzugänge)

Transport von Abraum zur Schachtförderanlage.

Ankerbohrgerät und Spritzbetongerät7

(Dichtelementberereiche der Versiegelungen und bei Bedarf in Lagerfeldzugängen)

Einbau / Ertüchtigung einer Gebirgsstützung zur Gewähr­leistung der Arbeits- und Betriebssicherheit während der Rückholung.

Bohrgeräte (Abzweiger – Umladebereich)

Erstellen von Erkundungsbohrungen aus den Abzweigern in die Umladebereiche.

Die vorbereitenden Arbeiten umfassen überwiegend die folgenden sechs Schritte:

  1. Ertüchtigung der Infrastruktur

Ertüchtigung / Installation der Schachtförderanlage, Ertüchtigung des zentralen Bereichs und Bereitstellen der Gerätschaften

In den Betriebsschacht wird eine Schachtförderanlage eingebaut oder die vorhandene so er­tüchtigt, dass diese für die Rückholung (Transport ELB) eingesetzt werden kann. Die Gerät­schaften für die Wiederauffahrung der Lagerfeldzugänge werden ebenfalls über diese Schachtförderanlage untertag transportiert.

  1. Rückbau der V2-Versiegelung (Lagerfeldzugänge)

Abbrechen der Widerlager, Rückbau der Übergangsschichten und des Dichtelements

Der Abbruch der unbewehrten Betonwiderlager und der Rückbau der Übergangsschichten erfolgt durch Bagger mit Abbruchhammer, Schrämkopf und Schaufelarm. Ebenso erfolgt der Rückbau des Dichtelements. Das Ausbruchmaterial wird mit Untertagedumpern vom Abbruchort zur Schachtförderanlage zur Förderung an die Oberfläche transportiert.

Parallel zu Abbruch / Rückbau wird fortlaufend eine Ausbruchsicherung (aus gesicherten Bereichen) entlang dieser Tunnelabschnitte eingebaut (z. B. in Form von Gitternetzen, Ankern und/oder bewehrtem Spritzbeton). Anschliessend wird eine befahrbare Betonsohle einge­baut. Siehe dazu auch Fig. 5‑2.

    1. Entfernen der Lagerfeldverfüllung (VF1)

Die Entfernung der Verfüllung der Lagerfeldzugänge erfolgt im Schutz der (neu) ausgebauten Tunnel. Zum Einsatz kommen ein Untertagedumper und ein Bagger. Im Bedarfsfall kann der Bagger auf verschiedene Hilfsmittel umgerüstet werden (z. B. Abbruchhammer oder Schräm­kopf bei Verfestigungen). Instandsetzungsmassnahmen des Ausbaus gewährleisten die Arbeits- und Betriebssicherheit während der Rückholung.

Die Lagerfeldverfüllung (VF1) wird parallel aus mindestens zwei Lagerfeldzugängen (vgl. Fig. 3‑5) pro Lagerteil entfernt. Mit dieser Vorgehensweise können eine ausreichende Be­wetterung und zwei Fluchtwege gewährleistet werden. Während der Wiederauffahrung werden Sonderbewetterungen entlang der Tunnelstrecken installiert. Sobald die Lagerfeld­zugänge vollständig wiederaufgefahren sind, wird eine umläufige Bewetterung über den Lüftungs- und den Betriebsschacht eingerichtet. Das Vorgehen ist analog zum Lüftungs- und Kühlungs­konzept geologischer Tiefenlager während der Phase Bau. Eine ausführliche Beschreibung findet sich in (Kap 3.3.1 Nagra 2022b).

    1. Rückbau der V1-Versiegelung (Lagerkammer)

Dieser Arbeitsschritt ist äquivalent zum Abbrechen der V2-Versiegelungen der Lagerfeld­zugänge (siehe Schritt 2). Bei den Versiegelungen der Lagerkammern wird vor dem Rückbau zur Zustandserfassung eine Erkundungsbohrung (Fig. 5‑1) erstellt (z. B. Temperatu­rmessung, Messung der Luftzusammensetzung, usw.).

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Fig. 5‑1:Erstellung einer Erkundungsbohrung am Beispiel einer SMA-Kaverne

(HAA erfolgt analog)

Der Bereich wird mit dem Rückbau der Versiegelung sukzessive flächenhaft gesichert (Fig. 5‑2).

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Fig. 5‑2:Fortlaufender Einbau einer Ausbruchsicherung im Bereich des geräumten Dicht­elements

 

    1. Installation der notwendigen Infrastruktur und Bereitstellung des notwendigen Equipments

Zur Gewährleistung der Arbeits- und Betriebssicherheit für Personal (z. B. Klima­verhält­nisse) und der Funktionstüchtigkeit der Gerätschaften (z. B. Temperatur im Lagerstollen) während der Rückholung der Abfälle aus den Lagerkammern, müssen die Betriebspunkte entsprechend ausgestattet werden.

Dies umfasst die Installation der notwendigen Infrastruktur für die Sonderbewetterung und Kühlung der Lagerkammern. Zudem müssen die entsprechenden Betriebspunkte für die Entnahme der ELB aus den Lagerkammer eingerichtet werden. Dazu zählt z. B. die Strom- und Pressluftversorgung, die Beleuchtung und die Entstaubung. Zudem müssen die erforder­lichen Gerätschaften (siehe Kapitel 5.2 und Kapitel 5.3) untertag bereitgestellt und einer Funk­tions­prüfung unterzogen werden.

    1. Einrichtung des Strahlenschutzes und der nuklearen Betriebssicherheit

Bei einer Rückholung müssen dieselben Anforderungen an den Strahlenschutz und die nukleare Betriebssicherheit umgesetzt werden wie beim Einlagerungsbetrieb (siehe Kapi­tel 4.2). Dazu zählt z. B. die Einrichtung von konventionellen Bereichen und Über­wachungs­bereichen mittels physischer Trennung (z. B. Tore oder Schleuse).

Für den Entscheid zur Rückholung hat im Vorfeld eine erste Zustandserfassung stattgefunden. Hier geht es darum, durch Fortsetzung der Aufnahmen die Datenlage weiter zu verbessern. ↩

Je nach Einsatzort montiert auf Sicherungsmodul. ↩