In diesem Kapitel wird beschrieben, welche Zustände der für die Rückholung relevanten Elemente zum betrachteten Zeitpunkt der Rückholung angenommen werden. Diese Planungs­annahmen beruhen auf den umfangreichen Arbeiten der Nagra zur Entwicklung des Nahfelds der Abfälle (Phänomenologie) über die Zeit (vgl. Nagra 2021d). Da der Zeitpunkt der Rückholung unmittelbar vor dem Verschluss des Gesamtlagers (siehe Kapitel 4.1) gewählt wurde, sind diese Zustände konservative Annahmen für alle früheren Zeitpunkte im Sinne einer abdeckenden Planung. Die Reduktion der Dosisleistung aufgrund des radioaktiven Zerfalls wird für den be­trachteten (kurzen) Zeitraum vernachlässigt. Tab. 4‑1 fasst die Planungsannahmen der Zu­stände zusammen.

Tab. 4‑1:Planungsannahmen zum Lagerzustand relevanter Elemente

Element im Lager

Lagerteil

Planungsannahme Zustand inkl. Erläuterungen

Endlager­behälter (ELB)

HAA

Mechanischer Zustand

Die HAA-ELB sind zum Rückholungszeitpunkt intakt und transportfähig.

Annahme zur Lage der Behälter

Die HAA-ELB wurden bei der Einlagerung auf die vorgefertigten Bentonit-Auflager platziert. Geringe Abweichungen (max. 20 cm) von der Ursprungs­position sind zu berücksichtigen.

Temperatur

Aufgrund ihrer Wärmeleistung von 1’500 W kann die Oberflächentemperatur der HAA-ELB bis zu 140 °C betragen. An der Stollenwand erreicht die Temperatur bis zu 90 °C.

Gasbildung

Keine relevante Gasbildung zu erwarten.

 

SMA

Mechanischer Zustand

Die SMA-ELB sind zum Rückholzeitpunkt intakt und transportfähig. Ein Heben über die ISO-Ecken der einzelnen Behälter, wie bei der Einlagerung, wird nicht vorausgesetzt.

Annahme zur Lage der Behälter

Die Position der SMA-Behälter kann von der Lage bei der Einbringung um wenige Zentimeter (< 5 cm) abweichen.

Annahme zur Anhaftung von Mörtel an SMA-ELB

Der Mörtel haftet nicht an horizontalen Flächen zwi­schen gestapelten SMA-ELB. Dies ist durch ge­eignete Massnahmen bei der Einlagerung sicher­zustellen.

Temperatur

Es wird keine relevante Temperaturerhöhung auf­grund einer Wärmeleistung der Abfälle erwartet.

Gasbildung

Keine relevante Gasbildung in diesem Zeitraum zu erwarten.

Nahfeld­verfüllung

Verfestigungs­grad und Anhaftungen an ELB

HAA- Lagerstollen

Das Verfüllmaterial (Bentonit) wird zum Rück­holungs­zeitpunkt eine gewisse Menge Wasser auf­genommen haben. Der Sättigungsgrad kann dabei entlang der Lager­stollen lokal variieren. Je nach Sättigungsgrad kann das Verfüllmaterial somit als Lockermaterial oder mit unter­schiedlichen Ver­festi­gungsgraden vorliegen. Bei vollem Sättigungsgrad erreicht der Bentonit nur geringe Festig­keiten.

Durch teilgequollenen Bentonit ist mit leichten adhäsiven Anhaftungen des Bentonits auf den HAA-ELB zu rechnen. Diese lassen sich z. B. beim Umladen durch eine Reinigung entfernen. Eine relevante Erschwernis des Lösens der Behälter aus dem Bentonit wird dadurch nicht erwartet.

 

SMA- Lagerkavernen

Die Lagerkavernenverfüllung ist vollständig ausge­härtet. Der Porenraum des Mörtels wird im betrach­teten Zeitraum noch luftgefüllt sein (Porosität von mindestens 20 %).

Die Zementleimmenge des Mörtels ist so bemessen, dass gerade eine Verkittung der Zuschläge des M1-Mörtels statt­findet, ohne dass die Haufwerks-Poren des Korn­gemischs sich verfüllen (Jacobs et al. 1994). Daher haftet der Mörtel auch schlecht5 an den SMA-ELB aus glattem Beton.

Verfüllung

Verfestigungs­grad

HAA-/SMA-Lagerfeldzugänge (VF1)

Die Verfüllung der Lagerfeldzugänge liegt über­wiegend als Lockermaterial vor. Punktuell kann es zu leichten Verfestigungen gekommen sein.

Versiegelungen

Verfestigungs­grad

HAA-/SMA-Versiegelung Lagerkammer (V1)

Die Widerlager sind vollständig ausgehärtet und das Dicht­element aus Bentonit-Baustoff liegt je nach Sättigungsgrad als Lockermaterial oder teilweise gequollen bzw. verfestigt vor.

 

HAA-/SMA-Versiegelung Lagerfeldzugänge (V2)

Die Widerlager sind vollständig ausgehärtet und das Dichtelement aus Bentonit-Baustoff liegt je nach Sättigungsgrad als Lockermaterial oder teilweise gequollen bzw. verfestigt vor.

Es ist davon auszugehen, dass die Aufsättigung der Dichtelemente der Lagerfeldzugänge aufgrund ihrer späteren Errichtung geringer ist als die der Lager­kammer­versiegelungen.

Tragwerks­zustand

HAA-Lagerstollen

Es wird davon ausgegangen, dass der Ausbau des HAA-Lagerstollens intakt ist (Sicherheitsfaktor > 1).

Nachsicherungen sind aus Gründen der Arbeits- und Betriebssicherheit vorzusehen.

 

SMA-Lagerkavernen

Es wird davon ausgegangen, dass der Ausbau der SMA-Kavernen noch intakt ist. Aufgrund des Auf­tretens einer mechanischen Einwirkung auf das Tragwerk beim Ent­fernen des Mörtels, kann dies zu Beschädigungen des Ausbaus führen. Instand­setzungen sind daher aus Gründen der Arbeits- und Betriebssicherheit systematisch vorzusehen.

Tragwerks­zustand

HAA-/SMA-Zugangsbauwerke (Schächte) Offene untertägige Bauten

Der Zugangsschacht wurde zeitgleich mit dem Ver­schlusses der Lagerfeldzugänge verfüllt und versie­gelt. Das Schachtbauwerk, welches zur Ein­lagerung der ELB genutzt wurde, steht somit zum betrachteten Zeitpunkt für die Rückholung nicht mehr zur Ver­fügung. Der Betriebs­schacht, der Lüftungsschacht sowie einzelne Bauten des zentralen Bereichs sind zum Rückholungszeitpunkt noch verfügbar (Fig. 4‑1).

Der regelmässige Unterhalt der noch offenen Infra­strukturen und Anlagen, welche für die Beobach­tungs­phase genutzt wurden, gewährleistet die Trag­fähigkeit und Gebrauchstauglichkeit.

Tragwerks­zustand

HAA-/SMA-Lagerfeldzugänge (verfüllt)

Der Ausbau der verfüllten Lagerfeldzugänge ist intakt. Während des Wiederauffahrens für die Rück­holung (Kapitel 5.1) sind Sicherungs- und Instand­setzungs­arbeiten erforderlich, um die Arbeits- und Betriebssicherheit für die Rückholung zu gewähr­leisten.

Auflager der Kranbahnen in Lagerkavernen

SMA

Es wird davon ausgegangen, dass die Auflager der Kranbahnen instandgesetzt und für die Rückholung genutzt werden können.

Versiegelungs-strecke

HAA/SMA Im Bereich der Dichtelemente

Aufgrund der während des Einbaus der Versiege­lungen geraubten Gebirgsstützung in den Bereichen der Dichtelemente ist mit Konvergenzen zu rechnen. Das erforderliche Lichtraumprofil muss wieder her­gestellt werden und ein flächenhafter Ausbau muss aus Gründen der Arbeits- und Betriebssicherheit hergestellt werden.

Insbesondere in vertikalen Spalten. An horizontalen Spalten haftet dieser aufgrund des Eigengewichts (Pressung) besser. ↩