Im Rahmen der qualitativen Bewertung der EG wird das Potenzial für die Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse dem Verkarstungspotenzial gleichgesetzt.
In keiner Tiefbohrung wurden innerhalb der EG verkarstete Gesteinseinheiten beobachtet und alle EG weisen Bedingungen ohne Verkarstungspotenzial auf, was vorteilhaft für die Beständigkeit der Barrierewirkung gegenüber Lösungsprozessen ist. Dies wird nachfolgend für das Wirtgestein, für die oberen und für die unteren Rahmengesteine separat begründet.
Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse im WG
Im Opalinuston sind die Gehalte an lösungsfähigen Mineralen klein und die hydraulische Durchlässigkeit ist äusserst gering; er weist deshalb kein Potenzial zur Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse auf (Kap. 6.5.2.3 in Nagra 2024h).
Der Indikator «Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse innerhalb WG» wird daher für alle EG HAA und SMA mit sehr günstig bewertet, ohne Abstufung bei der Rangfolge.
Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse in den oberen Rahmengesteinen
In allen drei Standortgebieten sind in den oberen Rahmengesteinen im EG Gesteinseinheiten mit erhöhten Karbonatgehalten vorhanden. Diese weisen aber in der Regel geringe Mächtigkeiten (bis zu einigen Metern) und geringe hydraulische Durchlässigkeiten auf. Zudem ist die erwartete Überdeckung des EG bis am Ende des Betrachtungszeitraums genügend gross, um eine signifikante dekompaktionsbedingte Erhöhung der hydraulischen Durchlässigkeit zu verhindern. Sie weisen deshalb kein Potenzial für eine relevante Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse auf (kein Verkarstungspotenzial) (Kap. 6.5.2 in Nagra 2024h). Eine besondere Situation liegt im Standortgebiet Nördlich Lägern mit der «Herrenwis-Einheit» vor, deren Mächtigkeit im östlichen Teil des Standortgebiets bis zu ca. 40 m beträgt (Kap. 4.5.3.7 in Nagra 2024h). Diese lokal vorkommende Gesteinseinheit ist von gering durchlässigen, tonmineralreichen, nicht verkarstungsfähigen Gesteinseinheiten umgeben. Diese isolieren hydraulisch die «Herrenwis-Einheit», was die nötige Grundwasserzirkulation zur Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse unterbindet (Kap. 4.5.3.7 in Nagra 2024h). Auch sind die Porenwässer in den angrenzenden Einheiten heute gesättigt an Karbonatmineralien (Kap. 6.5.2.3 in Nagra 2024h). Es ist nicht zu erwarten, dass die «Herrenwis-Einheit» im Betrachtungszeitraum von relevanten Dekompaktionseffekten betroffen ist oder gar im oder über dem Vorflutniveau liegen wird, was eine (epigene) Verkarstung ermöglichen könnte (Kap. 6.5.2.3 in Nagra 2024h). In der «Herrenwis-Einheit» im Bereich der potenziellen Lagerzone besteht damit im Betrachtungszeitraum ebenfalls kein Potenzial zur Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse (kein Verkarstungspotenzial).
Der Indikator «Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse oberhalb des WG (im EG)» wird daher für alle EG HAA und SMA mit sehr günstig bewertet, ohne Abstufung bei der Rangfolge.
Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse in den unteren Rahmengesteinen
In den unteren Rahmengesteinen gibt es geringmächtige Einheiten mit erhöhten Karbonatgehalten. Aufgrund der gemessenen, geringen hydraulischen Durchlässigkeiten und der verbleibenden Überlagerung bis am Ende des Betrachtungszeitraums wird keine relevante Erhöhung der hydraulischen Durchlässigkeiten durch Lösungsprozesse erwartet (Kap. 6.5.5 in Nagra 2024h). Die lithologische Ausbildung der unteren Rahmengesteine ist in allen Standortgebieten vergleichbar. Der Indikator «Potenzial für Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse unterhalb des WG (im EG)» wird daher für alle EG HAA und SMA mit sehr günstig bewertet, ohne Abstufung bei der Rangfolge.
Weitere Betrachtungen: Unterhalb des EG kommen in allen drei Standortgebieten Gesteinseinheiten mit hohen Karbonatgehalten (insb. Keuper-Aquifer und Muschelkalk-Aquifer) oder Anhydritgehalten vor (insb. Bänkerjoch-Formation). Unterhalb der potenziellen Lagerzonen besteht in diesen Einheiten unter den erwarteten hydraulischen und hydrochemischen Bedingungen kein Potenzial zur Bildung von Wasserwegsamkeiten durch Lösungsprozesse, welche zur Entstehung von grösseren Hohlräumen mit Relevanz für die Langzeitstabilität des EG führen könnte. Dies begründet sich durch die hydrogeologische Situation (in der Bänkerjoch-Formation sind Wasserzuflüsse nur im Bereich von regionalen Störungszonen und lokalen Störungen zu erwarten; durch die Anhydrit-Gips-Umwandlung findet jedoch eine gewisse Selbstabdichtung statt) und durch die hydrochemischen Bedingungen (überwiegend gesättigte Grundwässer in Keuper- und Muschelkalk-Aquifer. Auch hier ist nicht zu erwarten, dass sich diese Bedingungen innerhalb des Betrachtungszeitraums wesentlich verändern. Selbst wenn in den Gesteinseinheiten unterhalb des EG (z. B. Keuper-Aquifer oder Muschelkalk-Aquifer) in der fernen Zukunft Lösungshohlräume entstehen sollten, so ist kaum mit einer Beeinträchtigung der Barriereeigenschaften im darüberliegenden EG zu rechnen (Kap. 6.5.5 in Nagra 2024h).
Fazit: Alle EG weisen sehr günstige Bedingungen ohne Verkarstungspotenzial auf.