Für die Analyse raumwirksamer qualitativer Unterschiede in den Rahmengesteinen wird in NL zwischen einem westlichen und einem östlichen Teil der potenziellen Lagerzone unterschieden (Fig. 4‑4c). Die beiden Bereiche unterscheiden sich hinsichtlich der oberen Rahmengesteine. Direkt über dem Opalinuston treten zusätzliche tonmineralreiche Gesteine auf, welche eine mit dem Wirtgestein zusammenhängende, zentrale tonreiche Zone bilden (Kap. 4.2.7 in Nagra 2024c). Im Osten wird diese Zone von einer isolierten Karbonatplattform («Herrenwis-Einheit») überlagert (Kap. 4.2.7 in Nagra 2024c). In der folgenden Tabelle werden die Teilbereiche anhand der Kriterien des Sachplans verglichen.

Tab. 4‑2:Gegenüberstellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Bereiche NL West und Ost anhand der 13 SGT-Kriterien

Legende: = gleichwertig / + Vorteil / - Nachteil

Kriterien und wichtige Aspekte

West

Ost

Argumente

1.1 Räumliche Ausdehnung (vertikale und laterale Ausdehnung des EG, Flexibilität bei der Anordnung der Lagerfelder)

  
  =

Zwar ist die Mächtigkeit des EG im Bereich NL West noch grösser als im Bereich Ost (basierend auf Enclosure 3-9b in Nagra 2024b), aber im Osten fällt die zentrale tonreiche Zone zwischen der Basis des Opalinustons und der Basis der «Herrenwis-Einheit» mächtiger aus als im Westen (Kap. 4.2.7 in Nagra 2024c).

-

+

Der Bereich NL Ost weist insgesamt eine etwas grössere Fläche mit geeigneter Kombination aus Schichtmächtigkeit und -neigung auf als der Bereich West (Fig. 4-4c). Dies dient der Flexibilität bei Lagerfeldplatzierung inkl. Linienführung der Lagerfeldzugänge.

  =

In beiden Bereichen sind auf den Schichtgrenzen des Opalinustons keine Störungen seismisch kartiert (Kap. 4.3.4 in Nagra 2024c). Die beiden Bereiche weisen dies­bezüg­lich eine gleichwertige Flexibilität für die Lager­feldplatzierung auf.

1.2 Hydraulische Barrierenwirkung (hydraulische Barriere, Transport­barriere, regionale hydrogeologische Situation)

  =

Die hydrogeologische Situation und die Qualität der geologischen Barriere (Wasserflüsse, Transport­barriere) im heutigen Zustand ist insgesamt gleichwertig  (basierend auf Kap. 5.6.3 und 5.9 in Nagra 2024c sowie auf Kap. 5 und Enclosure 7 in Nagra 2024b). Die «Herrenwis-Einheit» im Osten ist hydraulisch isoliert und trägt zur Barrierewirkung bei (Kap. 4.5.3.7 in Nagra 2024c).

Bzgl. hydrogeologischer Situation sind die Bedingungen in beiden Bereichen auch hinsicht­lich zukünftiger Entwicklungen gleichwertig. Insgesamt zeigen die Grund- und Porenwasser­untersuchungen aus NL, dass in der Vergangen­heit sehr wenig Austausch mit oberflächennahem meteorischem Wasser stattgefunden hat (basierend auf Kap. 4.6 in Nagra 2024c).

1.3 Geochemische Bedingungen (Mineralogie, Porenwasserchemie)

  =

Die Bedingungen im Opalinuston zur Gewähr­leistung eines stabilen geochemischen und geo­mecha­nischen Umfeldes für die Lagerkammern sind in beiden Bereichen gleichwertig (basierend auf Kap. 5.2 und 5.4 in Nagra 2024c).

1.4 Freisetzungspfade (Art des Poren­raums im intakten WG, Art der Transportpfade im WG, Selbst­abdichtungsvermögen WG)

  =

Art und Eigenschaften der Freisetzungspfade im Opalinuston sind aufgrund der feinen Poren­struktur und des ausgeprägten Selbst­abdich­tungsvermögens in beiden Bereichen gleich­wertig (basierend auf Kap. 5.10 in Nagra 2024c).

 2.1 Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften (Störung des Gesteinsverbandes durch differenzielle Bewegungen (Neotektonik), Bildung neuer Wasser- und Gaswegsamkeiten durch geochemische Vorgänge)   =

Beide Bereiche liegen ausserhalb von Zonen mit erhöhter Erdbebenaktivität der Schweiz; sie sind bzgl. Seismizität gleichwertig  (Fig. 1-3 und Kap. 6.2.3 in Nagra 2024c).

In der potenziellen Lagerzone ist nur eine Störung in den kompetenten Schichten um den EG kartiert (Kap. 4.3.4 in Nagra 2024c). Die Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften diesbezüglich ist gleich­wertig.

In beiden Bereichen im EG besteht kein Karst­entwicklungspotenzial (basierend auf Kap. 6.5.2 in Nagra 2024c).

 2.2 Erosion (Tiefenlage, Hebungsrate, Erosionsrate, fluvial Erosion, glaziale Tiefenerosion)   = Dank der sehr grossen Tiefenlage bieten beide Bereiche einen ausgezeichneten Schutz vor Prozessen an der Erdoberfläche (basierend auf Kap. 4 in Nagra 2024g).
 2.3 Lagerbedingte Einflüsse (Auflockerungszone, gas- und thermisch bedingte Effekte im WG)   = Lagerbedingte Einflüsse können in beiden Bereichen mit baulichen Massnahmen kontrol­liert werden. Die in Lagertiefe vorherrschenden Gebirgsspannungen und die massgeblichen Gesteinseigenschaften sowie die in-situ-Tempe­ratur im Opalinuston sind im Osten und Westen gleichwertig (basierend auf Kap. 5.5 in Nagra 2024c).
 2.4 Nutzungskonflikte (Vorkommen wirtschaftlich nutzungswürdiger Rohstoffe / Ressourcen)   = In keinem der beiden Bereiche sind Ressourcen in einem für die Schweiz besonderen Masse vorhanden (basierend auf Nagra 2014c).
 3.1 Charakterisierbarkeit der Gesteine (Fazies-Variabilität, Strömungs- und Transporteigenschaften des WG, Rolle der oberen und unteren Rahmen­gesteine)   = Die oberen Rahmengesteine in Nördlich Lägern zeigen räumliche Variabilität in Aufbau und Gesteinseigenschaften, während der Opalinuston und die unteren Rahmengesteine im Vergleich dazu wenig Variabilität zeigen. Die Auswir­kungen dieser Ungewissheiten auf die Rück­halte­wirkung sind in beiden Bereichen gleichwertig niedrig (basierend auf Kap. 4.2.10 in Nagra 2024c und auf Kap. 5.2.1 in Nagra 2024d).
 3.2 Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse (insb. Schicht­mächtig­keiten)   = Die räumliche Explorierbarkeit der Rahmen­gesteine ist in beiden Bereichen gleichwertig (basierend auf Enclosure 3-9b in Nagra 2024b).
 3.3 Prognostizierbarkeit der Langzeit­veränderungen (lagerbedingte Ein­flüsse, geologische Langzeit­entwicklung)   = Die Sicherheitsmargen bzgl. lagerbedingter Einflüsse und Erosion sind im Osten und im Westen sehr gross (basierend auf Kap. 4 in (Nagra 2024g) sowie auf Kap. 5.1 und Kap. 5.2.3 in (Nagra 2024d).
 4.1 Felsmechanische Eigenschaften und Bedingungen   =

In beiden Bereichen kann mit bewährten Bau­verfahren ein sicheres HAA-Lager gleicher­massen gebaut, betrieben und verschlossen werden; die verbleibenden standortspezifischen Baurisiken können mit bekannten und erprobten Massnahmen kontrolliert werden (basierend auf Kap. 5 und 6 in Band 9 in Nagra 2023a).

In beiden Bereichen ist eine gleichwertige haus­hälterische Nutzung des Untergrundes möglich (Fig. 4‑4). 

 4.2 Untertägige Erschliessung und Wasserhaltung   =

Fazit zum bevorzugten Bereich für das vorläufige HAA-Lagerfeld im Standortgebiet Nördlich Lägern:

Der argumentative Vergleich zeigt, dass die Bereiche NL West und Ost bzgl. praktisch aller SGT-Kriterien gleichwertig sind. Zwischen den Bereichen bestehen mit Ausnahme von Kriterium 1.1 kaum Unterschiede. Aufgrund der grösseren Mächtigkeit der tonreichen Zone zwischen der Basis des Opalinustons und der Basis der «Herrenwis-Einheit» sowie der insgesamt etwas grösseren Fläche mit flach gelagertem Opalinuston wird der Bereich NL Ost für die vorläufige Platzierung des HAA-Lagerfelds zum Zweck des Standortvergleichs gewählt.