Die Nagra beantragt eine Rahmenbewilligung für ein geologisches Tiefenlager im Standortgebiet «Nördlich Lägern» mit der zugehörigen Oberflächenanlage (OFA) am Standort Haberstal (Gemeinde Stadel, Kanton Zürich).
Das Kernenergiegesetz (KEG) verpflichtet den Gesuchsteller einer Rahmenbewilligung für eine Kernanlage, ein Konzept für die spätere Stilllegung auszuarbeiten und ein zureichen (Art. 13 Abs. 1 Bst. c KEG).
An der Oberfläche wird die für Bau und Betrieb des geologischen Tiefenlagers (gTL) erforderliche OFA gebaut. Die OFA umfasst Bauten und Anlagen für die Annahme, Bereitstellung und Verbringung der radioaktiven Abfälle nach untertag (Fig. 3‑1). Diese Bauten und Anlagen der OFA werden nach Strahlenschutzvorgaben dem Überwachungsbereich (Zone «0») zugeordnet und im Folgenden gemeinsam als sog. überwachter Bereich der OFA angesprochen. Aufgrund der heute vorgesehenen Tätigkeiten können diese Bauten und Anlagen aus Sicht der Nagra konform mit den Strahlenschutzvorgaben gebaut und betrieben werden. Nach Ende des Einlagerungsbetriebs werden diese Bauten und Anlagen auf einfache Art und Weise freigemessen und stillgelegt. Das gTL als Gesamtanlage bleibt indes auch nach Abschluss der Einlagerung eine Kernanlage; es befindet sich nunmehr in der Beobachtungsphase.
Dieser Bericht dokumentiert das geforderte Konzept für die Stilllegung.
Für Bau, Betrieb und Stilllegung von Kernanlagen gelten eine Vielzahl von Bestimmungen, welche auf der Kernenergiegesetzgebung basieren.
Als Grundlage für die Stilllegung dienen im Wesentlichen die nachstehend aufgeführten Gesetze, Verordnungen und Richtlinien:
Kernenergiegesetz (KEG 2003)
Kernenergieverordnung (KEV 2004)
Strahlenschutzgesetz (StSG 1991)
Strahlenschutzverordnung (StSV 2017)
Verordnung über die Anforderungen an das Personal von Kernanlagen (VAPK 2007)
Safeguardsverordnung (SaV 2021)
Die Richtlinien, Empfehlungen und Anforderungen für die Stilllegung von Kernanlagen betreffen vor allem die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz.
Neben der Richtlinie ENSI-G17 (ENSI 2014) sind auch andere Richtlinien des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) für die Stilllegung relevant (insbesondere Richtlinie ENSI-G12 (ENSI 2021) und Richtlinie ENSI-G07 (ENSI 2023)).
So muss die spätere Stilllegung schon in Planung und Bau der OFA berücksichtigt werden und ein grosser Teil der Planungsgrundlagen für die Stilllegung selbst werden bei Bau und Betrieb des überwachten Bereichs der OFA erarbeitet respektive dokumentiert und festgelegt.
Die Stilllegung respektive die zugehörige Planung und Durchführung berücksichtigt die in der Schweiz geltenden Normen und Regeln.
Dies sind u. a.:
Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architekten-Vereins (SIA)
Technische Normen des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins (SEV)
Brandschutzvorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF)
Normen der Schweizerischen Normen Vereinigung (SN)
Die exemplarische Umsetzung des geologischen Tiefenlagers (Nagra 2025) stellt die Grundlage für das vorliegende Konzept dar.
Während des gesamten Betriebs werden endlagerfähig verpackte Abfälle eingelagert. Zu keinem Zeitpunkt wird mit offener Kontamination umgegangen. Daher weist die Stilllegung des überwachten Bereichs der OFA im Vergleich zu einem Kernkraftwerk eine geringe Komplexität auf. Es werden weder Aktivierung noch Kontamination erwartet. Entsprechend entstehen auch keine radioaktiven Abfälle bei der Stilllegung.
Bei Erreichen des Endes der Betriebsdauer des überwachten Bereichs der OFA muss für die Erlangung der Stilllegungsverfügung ein Stilllegungsprojekt vorgelegt werden. Dem im vorliegenden Bericht beschriebenen Konzept folgend, werden im Stilllegungsprojekt die einzelnen Projektschritte geplant und später umgesetzt.
Das Vorgehen für die Stilllegung ist in Art. 26-29 KEG, Art. 45-50 KEV und der Richtlinie G17 (ENSI 2014) vorgegeben.
Den ersten Schritt stellt das vorliegende Konzept zur Stilllegung dar, das gem. Art. 13 KEG resp. Art. 23 KEV eine Grundlage zur Erteilung der Rahmenbewilligung ist.
Das Konzept bildet die Grundlage für den Stilllegungsplan, welcher gem. Art. 16 KEG resp. Art. 24 KEV mit dem Baubewilligungsgesuch eingereicht werden muss.
Für die Betriebsbewilligung muss er aktualisiert werden. Während des Betriebs des überwachten Bereichs der OFA ist der Stilllegungsplan periodisch alle 10 Jahre nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik stufengerecht zu aktualisieren (Art. 42 KEV).
Mit dem Gesuch für die Stilllegung ist gem. Art. 22 KEG resp. Art. 27 KEV das Stilllegungsprojekt vorzulegen. In Anlehnung an das Phasenmodell gemäss Richtlinie ENSI-G17 (ENSI 2014) erfolgt die Stilllegung des überwachten Bereichs der OFA in einer einzigen Phase des nuklearen Rückbaus.
Voraussetzung für den Beginn von Stilllegungs- und Rückbaumassnahmen ist eine rechtsgültige Stilllegungsverfügung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Diese wird erlassen, wenn das Datum der endgültigen Ausserbetriebnahme feststeht und das entsprechende Gesuch bewilligt wurde. Nach Erhalt der rechtskräftigen Stilllegungsverfügung beantragt der Eigentümer beim ENSI die Freigabe der Stilllegung und reicht die dafür erforderlichen Unterlagen ein.
Mit der Freigabe werden die Stilllegungs- und Rückbauaktivitäten durchgeführt und durch die Vorlage eines Abschlussberichtes abgeschlossen.
Die Stilllegungs- und Rückbauaktivitäten umfassen:
Demontage und Reinigung der im Stilllegungsprojekt definierten Anlagen und Einrichtungen.
Freimessung und konventionelle Entsorgung des anfallenden Materials (parallel zu den Demontage- und Rückbauarbeiten)
Freimessung und Freigabe Gebäude
Recycling von Wertstoffen
Umnutzung oder Abbruch Gebäude
Abschluss der Stilllegung
Erfahrungen aus nationalen und internationalen Stilllegungsprojekten werden bis zur Stilllegung verfolgt. Damit wird sichergestellt, dass der dann aktuelle Stand von Erfahrung, Wissenschaft und Technik berücksichtigt wird.