Begründung des Indikators (Relevanz für Langzeitsicherheit)

Die Gasproduktion im Tiefenlager kann die mechanische Integrität des EG und das Transport­verhalten der Radionuklide in den technischen und natürlichen Barrieren beeinflussen. Dabei spielen gasbedingte Porenwasser-Überdrücke eine wichtige Rolle. Die Begrenzung solcher gas­bedingter Prozesse gewährleistet den langfristigen Erhalt der Barriereeigenschaften im Wirt­gestein.

Definition der Beurteilungsmethodik

Objekt der Beurteilung beim Indikator «Gasbedingte Porenwasser-Überdrücke im WG» ist das Wirt­gestein, da sich die höchsten Gasdrücke in den Lagerkammern und im angrenzenden Gestein eins­tellen und nach aussen hin kontinuierlich abnehmen.

Die Beurteilung des Indikators «Gasbedingte Porenwasser-Überdrücke im WG» stützt sich auf proba­bilistische Modellrechnungen zum Systemverhalten unter dem Einfluss von im Tiefenlager produzierten Gasen und auf Felslaborexperimente (Kap. 5.1.3 in Nagra 2024i). Die Modellrechnungen erfassen alle Prozesse, welche zu gasbedingten Überdrücken in den Lagerkammern und im angrenzenden Gestein führen könnten.

Die gasbedingten Überdrücke werden an einem repräsentativen Punkt in der Verfüllung der Lager­kammer erfasst (z. B. für HAA: in der Mitte der Bentonitverfüllung oberhalb eines End­lager­behälters). Für die Beurteilung wird die Kennzahl FPI («Failure potential of intact host rock») verwendet, welche die gasbedingten Überdrücke ins Verhältnis zum definierten Grenz­druck setzt. Der Grenzdruck hängt von den standortspezifischen Gebirgsverhältnissen (insb. Gebirgs­spannungen in Lagertiefe) und den felsmechanischen Eigenschaften des Wirtgesteins (insb. Festigkeiten, Steifigkeit) ab. Bei Überschreiten des Grenzdrucks kann eine Bildung von Gas­pfaden im intakten Gestein nicht mehr ausgeschlossen werden (Kap. 5.1.3 in Nagra 2024i). In Kriterium 2.3 wird die Kenn­zahl FPI für den Referenzfall betrachtet.

Definition Bewertungsskala

Die Bewertungsstufe sehr günstig wird erreicht, wenn FPI ≤ 0.7. In diesem Bereich beträgt der gas­bedingte Überdruck höchstens 70 % des definierten Grenzdrucks, ab welchem eine Bildung von Gaspfaden im Opalinuston nicht mehr ausgeschlossen werden kann (grosse Sicherheits­marge). Eine Situation wird als günstig eingestuft, wenn FPI ≤ 1, d. h. wenn der Grenzdruck nicht über­schritten wird (kleine Sicherheitsmarge). Ab FPI > 1 wird die Situation als bedingt günstig einge­stuft, weil die Bildung von gasbedingten Spannungsrissen im Wirtgestein nicht mehr ausgeschlossen werden kann und Anpassungen an der Lagerauslegung zu erwägen wären.

Die Bewertungsskala ist für HAA und SMA identisch. Die Bewertungsstufe ungünstig wird für die Beurteilung der drei Standortgebiete in Etappe 3 nicht benötigt.