Begründung des Indikators (Relevanz für Langzeitsicherheit)
Neotektonische Prozesse sind massgebliche Einflussfaktoren für die Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften innerhalb des Betrachtungszeitraums. Im Fokus stehen zukünftige differenzielle Bewegungen des Gesteinsverbandes.
Definition der Beurteilungsmethodik
Die seismisch kartierten Störungen auf den kompetenten Schichten ober- und unterhalb des EG und der Platzreserven werden mittels eines Boxcounting (Kästchenzählung) quantitativ erfasst. Dazu wird die Fläche des EG und der Platzreserven gerastert (Boxgrösse 100 m × 100 m). Boxen, welche solche tektonischen Elemente enthalten, werden identifiziert, deren Flächen aufsummiert und durch die Gesamtfläche des EG und der Platzreserven geteilt. Dabei wird ein Abstand sowohl von 100 m als auch von 200 m zu den nächsten seismisch kartierten Störungen berücksichtigt. Transportmodellierungen bestätigen, dass bei entsprechenden lateralen Transportpfadlängen im Opalinuston die Radionuklidfreisetzung vernachlässigbar ist (Kap. 4.2 in Nagra 2024i). Der daraus berechnete, ungestörte Flächenanteil (in % der Gesamtfläche des EG und der Platzreserven) dient als Kennzahl F' für die qualitative Beurteilung der seismisch kartierten Störungen in kompetenten Formationen. Die Methodik ist analog zur Beurteilung der Flexibilität bei der Anordnung der Lagerfelder in Kriterium 1.1 (vgl. Kap. A.1.3).
Definition Bewertungsskala
Die Bewertungsstufe sehr günstig wird dann erreicht, wenn 75 % < F' ≤ 100 %. Damit weist der überwiegende Teil (mindestens 75 % der Fläche) in den kompetenten Formationen ober- und unterhalb des EG keine seismisch kartierten Störungen auf. Für die weiteren Bewertungsstufen beträgt der tektonisch ungestörte Flächenanteil 50 % < F' ≤ 75 % (mehrheitlich ungestört = günstig) und 10 % < F' ≤ 50 % (bedingt günstig).
Die Bewertungsskala ist für HAA und SMA identisch. Die Bewertungsstufe ungünstig wird für die Beurteilung der drei Standortgebiete nicht benötigt.