Das in der Umladezelle gehandhabte Aktivitätsinventar ist infolge der langen Abklingzeiten und der begrenzten Anzahl gehandhabter HAA relativ klein. Beim Betrieb der BEVA liegen die trei­benden Kräfte «Reaktivität» und «Nachzerfallswärme» nicht mehr in system- und anlagegefähr­dendem Masse vor32. Die in der Umladezelle gehandhabten HAA können somit nur noch mecha­nisch infolge eines Handhabungsunfalls oder Einwirkungen von aussen beschädigt werden. Solch ein Auslegungsstörfall stellt der Absturz eines BE während der Handhabung in der Umladezelle dar, der zwar aufgrund der nationalen und internationalen Erfahrung bei der Handhabung von BE und bei entsprechender Auslegung der Handhabungssysteme als sehr unwahrscheinlich einzu­stufen ist, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann.

Generell wird auf die Erhaltung eines stabilen und sicheren Normalbetriebs der Anlage abgezielt, und es werden Voraussetzungen und Bedingungen geschaffen, um Betriebsstörungen und Stör­fälle nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. zu begrenzen. So erfolgen Auslegung und Betrieb der BEVA unter Einbezug bewährter Betriebsverfahren, Werkstoffe, Techniken sowie Organisations­strukturen und ‑abläufe vergleichbarer Anlagen. Dabei ist eine adäquate Auslegung der Umlade­zelle gegen schwere seltene Ereignisse wie ein Erdbeben oder den Flugzeugabsturz vorgesehen (ENSI 2021b). Auch nach diesen Ereignissen verbleibt der Absturz eines BE in der Umladezelle als abdeckender Störfall. Die Umladezelle wird nach heutigem Stand ein Lüftungssystem zur Unterdruckhaltung besitzen. Für die Abluft aus der Umladezelle ist ein Filtersystem vorgesehen, welches eine störfallbedingte Freisetzung von Radionukliden ausserhalb der Anlage zusätzlich minimiert und begrenzt.

Radiologische Konsequenzen eines BE-Absturzes

Die Gefährdung, d. h. die potenziell radiologische Konsequenz für Mensch und Umwelt für einen BE-Absturz, wird bereits heute in den KKW und in den Zwischenlagern quantitativ unter z. T. konservativen Annahmen abgeschätzt. Die von der Zwilag für einen solchen Störfall über alle Expositionspfade und bei einer Expositionszeit von einem Jahr abgeschätzte Individualdosis beträgt in 200 m Abstand zum Emissionsort ca. 0.09 mSv und nimmt mit zunehmendem Abstand rasch ab33 (Zwilag 1999). Für die BEVA sind diese Abschätzungen aufgrund der noch späteren Handhabung derselben BE34 im Fall eines BE-Absturzes abdeckend. Die Einhaltung der maximal zulässigen Betriebs- sowie Störfalldosiswerte gemäss Art. 123 StSV (2017) für Personen aus der Bevölkerung sind somit in jedem Fall auch bei einer BEVA eingehalten.

Der Vergleich mit den geltenden Dosisschwellen im Dosis-Massnahmenkonzept (BevSV 2020) für die Einleitung von Notfallmassnahmen zeigt zudem, dass die abgeschätzte Individualdosis um Grössenordnungen kleiner ist als diese Dosisschwellen35. Nach heutigem Stand sind somit für eine BEVA keine Notfallschutzmassnahmen erforderlich. Gleichwohl ist in der Region um den Standort der BEVA wegen der bestehenden Kernanlagen (PSI, Zwilag, KKB und KKL) die Infrastruk­tur im Hinblick auf einen Notfall bereits gut ausgebaut. Für die Betriebsbewilligung der Zwilag wurde festgehalten (Der Schweizerische Bundesrat 1996), dass weitergehende Massnah­men für den Notfallschutz im Fall der Zwilag nicht nötig sind. Dies ist bei entsprechender Aus­legung und Betrieb auch auf eine BEVA zutreffend und bestätigt prinzipiell, dass Notfallschutz­massnahmen nicht notwendig sind.

Grundwasserschutz

Das in Kap. 5.2 beschriebene Barrierensystem stellt den Einschluss der unlöslichen, festen, radio­aktiven Stoffe in den Abfällen in der Umladezelle sicher. Da nur in der Umladezelle radioaktive Stoffe in fester und trockener Form gehandhabt werden und auch unter Störfallbedingungen keine flüssigen radioaktiven Stoffe in der BEVA vorkommen, kann eine Verschmutzung des Grund­wassers mit radioaktiven Stoffen ausgeschlossen werden. Trotzdem sieht der heutige Planungs­stand die Umsetzung eines adäquaten Grundwasserschutzkonzepts nach etablierten Stand der Technik vor (z. B. Nagra 2022).

D.h., bei einer BEVA gibt es keine treibenden Kräfte, die die Integrität der Barrieren sowie die Umladezelle beschä­digen können. Somit bedarf es auch keiner Systeme für eine gefilterte Druckentlastung der Umladezelle (die kein Containment darstellt), wie diese zum Schutz des Containments in KKW vorhanden sind (Schutzziel 4 «Begren­zung der Strahlenexposition»). Daher wird das Schutzziel 4 «Begrenzung der Strahlenexposition» bei der BEVA im Rahmen der «Begrenzung der Freisetzung» behandelt.  ↩

In 1 km Entfernung beträgt die Dosis noch 0.018 mSv. Der Hauptteil kommt über den Expositionspfad Ingestion (ca. 95 %). In den nächsten Ortschaften (Entfernung grösser als 1 km, siehe Fig. 4‑3) wird somit die Dosisschwelle im Dosis-Massnahmenkonzept für die Bevölkerung (d. h. 10 mSv nach 7 Tagen, geschützter Aufenthalt) um einen Faktor von ca. 10'000 unterschritten.  ↩

Gemäss Entsorgungsprogramm und dem darin enthaltenen Realisierungsplan ist der Betriebsbeginn der BEVA für 2060 geplant.  ↩

Überschreitet die erwartete Dosis 1 mSv, besteht eine Meldepflicht gegenüber der Bevölkerung, die mit entsprech­enden Verhaltensempfehlungen verbunden ist. Werden 10 mSv (oder mehr) innerhalb von 7 Tagen nach Ereignis überschritten, sind Sofortmassnahmen zu prüfen. ↩