Die Charakterisierung des Standorts in Bezug auf das Potenzial der Gefährdungen infolge eines Erdbebens ist detailliert in Nagra (2024c) gemäss den gesetzlichen und behördlichen Vorgaben dokumentiert. Im Folgenden werden die Ergebnisse zusammenfassend wiedergegeben und bezüglich der Standorteignung bewertet. Die Erdbebengefährdung wird dabei allgemein in drei Komponenten gegliedert, die separat betrachtet und bewertet werden:
-
Verschiebungsgefährdung für den Fall eines Bruches durch Teile der Anlage (Kap. 4.6.1)
-
Gefährdung durch die Bodenbewegung infolge der Erdbebenwellen (Kap. 4.6.2)
-
Gefährdung durch geologisch-induzierte Prozesse wie Hangrutschungen oder Bodenverflüssigung, die durch Erdbeben hervorgerufen werden können (Kap. 4.6.3)
Für den Standort liegen mit den Untersuchungen der in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Kernanlagen (KKB, Zwilag sowie PSI) umfangreiche Daten vor, die für die Bewertung der Erdbebengefährdung herangezogen und mit der breiten Datenbasis aus der Standortsuche der Nagra ergänzt werden. Die detaillierten geologischen Grundlagen sind in Nagra (2024g) dokumentiert (vgl. auch Kap. 4.5).
Die instrumentelle, wie historisch belegte Aufzeichnung von Erdbeben in der Schweiz ergeben ein umfassendes Bild der seismischen Aktivität. Gemäss Fig. 4‑10 ist die Aktivität auf die Zentralschweiz und das Wallis sowie den Oberrheingraben bei Basel konzentriert. Der Standort der BEVA befindet sich in der seismisch ruhigsten Region der Schweiz. Diese Aussage wird durch die Betrachtung der Neotektonik (Nagra 2024f) gestützt, bei der mittels einer Vielzahl komplementärer Methoden geschlussfolgert werden kann, dass es am Standort keine Hinweise auf rezente tektonische Deformationen gibt.
Fig. 4‑10:Darstellung des Schweizer Erdbebenkatalogs des SED (Fäh et al. 2011) inkl. einer Aktualisierung bis einschliesslich 30.09.2023 zusammen mit der modellierten Auftretenswahrscheinlichkeit von Erdbeben mit Magnituden MW ≥ 6 in der Schweiz, basierend auf Einschätzungen von vier Expertengruppen im Rahmen des PRP-Projekts (swissnuclear 2013)
In Farbe gezeigt ist die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Erdbebens mit MW ≥ 6 in einem Gebiet von 0.05° Länge × 0.05° Breite (entspricht ca. 21 km2) für Herdtiefen < 15 km. Zum Vergleich sind die effektiv erfassten Erdbeben mit M ≥ 2, bzw. historisch dokumentierten Erdbeben mit M ≥ 4 dargestellt.