Zur Umsetzung der Pflichten nach SaV muss gemäss Art. 12 Abs. 1 SaV eine Person vorhanden sein, die zur Verfügung über das gTL inkl. Oberflächenanlage berechtigt ist («verfügungsberechtigte Person»).
Im ersten Planungsschritt sollen gemäss IAEO Wege und Methoden identifiziert werden, wie Materialien, die unter Safeguards stehen, vom vorgesehenen Bestimmungsort im gTL abgezweigt resp. nicht deklarierte Tätigkeiten im Brennstoffkreislauf vorgenommen werden können. Folgende Möglichkeiten bestünden hierbei:
- Das Entwenden eines ELB
- Der Austausch eines gefüllten ELB mit einem leeren
- Das Öffnen eines ELB und die Entnahme von Materialien, die unter Safeguards stehen
- Tätigkeiten in (oder in der Nähe) der Anlage, welche von der geplanten, deklarierten Vorgehensweise der Einlagerung abweichen (z.B. nicht deklarierte Wiederaufbereitungsanlage).
Um ein Entwenden von Material resp. ELB oder ein verdeckter, nichtdeklarierter Umgang mit Materialien, die unter Safeguards stehen, zu verhindern, sind Safeguardsmassnahmen zu entwickeln und zu implementieren.
Safeguards by Design
Die Umsetzung von Safeguardsmassnahmen in einer Anlage ist beginnend bei der Planungsphase zu berücksichtigen («Safeguards by Design») (Art. 11 SaV). Da dies ein iterativer Prozess zwischen der Anlage, dem BFE und der IAEO ist, sind die geplanten Schritte zur Berücksichtigung von Safeguardsmassnahmen dem BFE frühzeitig einzureichen (Kap. 4.2.1 BFE 2021b).
Festlegung von Materialbilanzzonen
Die verfügungsberechtigte Person hat für die Anlage die Zonen festzulegen, in denen mit Materialien, die unter Safeguards stehen, umgegangen werden soll (Art. 12 Abs. 1 SaV).
Diese Materialbilanzzonen sind so zu begrenzen, dass jederzeit festgestellt werden kann, wie viel von diesen Materialien innerhalb der Zone vorhanden ist und wie viel über die Grenzen der Zone transportiert wird (Art. 12 Abs. 2 SaV).
Innerhalb einer Materialbilanzzone sind Schlüsselmesspunkte (Key Measurement Points, KMPs) zu definieren, so dass Bewegungen von solchen Materialien innerhalb der Materialbilanzzone jederzeit festgestellt werden können (Art. 12 Abs. 3 SaV).
Die Planung und Festlegung von Materialbilanzzonen sowie deren KMPs bei neuen Anlagen hat in Rücksprache mit dem BFE zu erfolgen (Kap. 4.2.2 BFE 2021b).
Für das gTL ändert sich die Situation, für die Safeguardsmassnahmen konzipiert werden müssen, mit der Zeit. Fig. A-2 zeigt in drei Bildern die Materialflüsse ab Einlagerungsphase («Anlage in Betrieb»), für die Materialbilanzzonen festgelegt werden müssen.
In der Einlagerungsphase (Fig. A-2 a) werden die radioaktiven Abfälle in ELB in Transportbehältern (TB)9 angeliefert und in den Lagerkammern eingelagert. ELB und TB können hierbei gut verfolgt werden. Die Lagerkammern werden verfüllt und versiegelt und eine Zeit lang
beobachtet (Fig. A-2 b). Mit der Versiegelung muss nicht mehr verifiziert werden, welche Abfälle sich tatsächlich in den Lagerkammern befinden. Mit Abschluss der Beobachtung wird das gTL verschlossen. Es besteht kein Zugang mehr zur Lagerebene (Fig. A-2 c).
Fig. A‑2: Gemäss heutigem Stand der Planung beim gTL vorgesehene Materialflüsse, zu denen Materialbilanzzonen festgelegt werden müssen
ELB: Endlagerbehälter, TB: Transportbehälter (gefüllt mit ELB), BEVA: Brennelementverpackungsanlage, OFA: Oberflächenanlage; rote umrandet Orte, an denen die ELB – für eine Zeit – stehen.
Ernennung einer verantwortlichen Person
Die verfügungsberechtigte Person hat eine für die Berichterstattung sowie die Durchführung von Inspektionen verantwortliche Person zu bezeichnen und mit den erforderlichen Kompetenzen und Mitteln auszustatten (Art. 13 SaV).
Diese für die Umsetzung der Safeguardsmassnahmen in der Anlage verantwortliche Person ist die Schnittstelle zwischen Anlage und dem BFE und muss die Vorgaben gem. Kap. 4.2.3 BFE (2021b) erfüllen.
Berichterstattung
Für eine Anlage in Planung und Bau sind dem BFE die Berichte gemäss Anhang 2 Abs. 2 SaV einzureichen (Art. 14 SaV). Diese umfassen
- Auslegungsinformationen (Design Information Questionnaire, DIQ – standardisierter Fragenkatalog): Inhalt gem. Anhang 2 Abs. 2.1 SaV (innert 3 Monaten nach Baubewilligung; Aktualisierung nach Baufortschritt; bei Bedarf, je nach Umfang der Änderungen)
- Zusatzinformationen: allgemeine Beschreibung des Standorts mit Gebäuden, deren äusseren Abmessungen und Angabe der Stockwerde sowie deren Verwendung (einmalig sowie nach Änderungen, bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres, jährlich mit Nullmeldung (Kap. 4.2 BFE 2021a))
- «Safeguards-by-Design»-Informationen: technische und bauliche Vorkehrungen zur Umsetzung von Safeguardsmassnahmen (zu Beginn der Planungsphase; bei Bedarf, je nach Umfang der Änderungen)
Weitere Erläuterungen und Anforderungen zur Berichterstattung gibt die Richtlinie BFE-SG03 (BFE 2021a).
Inspektionen
Für Anlagen in Planung oder Bau wird geprüft, ob die Berichterstattung ordnungsgemäss erfolgt ist, keine Materialien, die unter Safeguards stehen, vorhanden sind und der Aufbau der Anlage und die Unterteilung der Materialbilanzzonen geeignet sind (Art. 24 Abs. 2 Bst. b SaV).
Weiter werden während der Bauphase Inspektionen durchgeführt, um Abweichungen in der Bauausführung gegenüber den Planungsunterlagen identifizieren zu können und so mögliche nichtdeklarierte Tätigkeiten im Brennstoffkreislauf oder mögliche Wege zur Abzweigung von Materialien, die unter Safeguards stehen, frühzeitig erkennen zu können («Design Verification»).
Gesamtgewicht nach derzeitiger Planung 80 – 100 t ↩