Seit über 50 Jahren nutzt die Schweiz die Kernenergie zur Stromerzeugung und erzeugt damit auch radioaktive Abfälle. Die Kernenergieverordnung (KEV) definiert in Art. 51 drei Abfallkategorien: Hochaktive Abfälle (HAA), alphatoxische Abfälle (ATA) sowie schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA).
- Die HAA bestehen aus abgebrannten Brennelementen von Kernkraftwerken (KKW) sowie aus verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente.
- Die ATA stammen teilweise aus der Wiederaufarbeitung, teilweise aus Medizin, Industrie und Forschung (MIF).
- Die SMA stammen hauptsächlich aus dem Betrieb und Rückbau von Kernanlagen, wobei nur ein kleiner Teil dieser Betriebsabfälle und Rückbaumaterialien radioaktiv ist.
Aktuell werden die radioaktiven Abfälle aus den Kernkraftwerken in den kernkraftwerkeigenen Lagern und im Zwischenlager Würenlingen, der Zwilag, zwischengelagert. Der Bund lagert die MIF-Abfälle im Bundeszwischenlager auf dem benachbarten Gelände des Paul Scherrer Instituts (PSI).
In der Schweiz ist die Entsorgung aller radioaktiven Abfälle in einem geologischen Tiefenlagerim Kernenergiegesetz (KEG) vorgeschrieben. Mit der Lagerung im geologischen Untergrund weicht man zivilisatorischen Einflüssen an der Erdoberfläche aus, eine Voraussetzung für die Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit über lange Zeiträume. Der Nachweiszeitraum ist abgeleitet vom zeitlichen Verlauf des radiologischen Gefährdungspotenzials und beträgt für HAA eine Million Jahre. Ein geologisches Tiefenlager wird nicht alle Radionuklide zurückhalten können. Eine Freisetzung ist Teil des Tiefenlagerkonzepts, da ein kompletter Einschluss über sehr lange Zeiträume nicht möglich ist. Weil das Gefährdungspotenzial langfristig abnimmt, ist das aber auch nicht nötig.
DIE EINHALTUNG DES SCHUTZZIELS
Für den Nachweis der Langzeitsicherheit ist plausibel zu belegen, dass der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet werden kann (Art. 13, KEG). Dieses Schutzziel wird in einer pdf Richtlinie(524 KB) des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) mit Schutzkriterien präzisiert, z.B. mit einer maximal zulässigen individuellen Dosis. Insgesamt darf für jede zukünftige Entwicklung eines Tiefenlagers die Freisetzung von Radionukliden zu keiner Individualdosis grösser als 0.1 Millisievert (mSv) pro Jahr führen.
Verglichen mit der Strahlenbelastung, der die Bevölkerung der Schweiz jährlich ausgesetzt ist, sind 0,1 Millisievert ein kleiner Wert, zwei Transatlantikflüge führen zu einer ähnlichen Strahlenbelastung. Die aktuelle durchschnittliche Strahlendosis der Schweizer Bevölkerung beträgt etwa 6 Millisievert pro Jahr. Bei den Sicherheitsanalysen sind nicht reduzierbare Ungewissheiten durch konservative Betrachtungen abzudecken. Diese konservativen Annahmen führen dazu, dass die radiologischen Auswirkungen für Mensch und Umwelt eher überschätzt werden.
DER NACHWEIS DER MACHBARKEIT
Der Nachweis der Machbarkeit von langfristigsicheren geologischen Tiefenlagern in der Schweizwurde für SMA und HAA erbracht. Diese Entsorgungsnachweise bestehen aus einem Standortnachweis, einem Machbarkeitsnachweis und einem Sicherheitsnachweis. Der pdf Entsorgungsnachweis für SMA(1.39 MB) in einer Mergelformation am Standort «Oberbauenstock» wurde 1988 vom Bundesrat bestätigt. Der 2002 eingereichte pdf Nachweis für HAA(150 KB) wurde am Beispiel eines Lagers im Opalinuston im Zürcher Weinland erbracht und nach der Begutachtung durch die zuständigen Behörden und zahlreiche nationale und internationale Experten vom Bundesrat anerkannt.
Der Entsorgungsnachweis für HAA basiert auf einem System aus geologischen und technischen Sicherheitsbarrieren (Mehrfachbarrierenkonzept). Die Endlagerbehälter stellen den Einschluss der radioaktiven Abfälle während einer langen Zeit sicher, so dass ein grosser Teil der radioaktiven Nuklide bereits in den Behältern zerfällt (ca. 90% über 1’000 Jahre). Danach werden die restlichen Nuklide durch das Verfüllmaterial (Bentonit) zwischen Behältern und Wirtgestein (Opalinuston) zurückgehalten. Das Standortgebiet gewährleistet, dass die für die Rückhaltung der Nuklide günstigen Bedingungen auch mit konservativen Annahmen im Nachweiszeitraum erhalten bleiben.
Mit den Entsorgungsnachweisen sind neben der etablierten Behandlung und Verpackung der radioaktiven Abfälle für die Zwischenlagerung, ihrer Charakterisierung und Inventarisierung sowie der Zwischenlagerung und der dazu gehörenden Transporte wichtige Schritte zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle der Schweiz realisiert. Noch nicht rechtskräftig festgesetzt ist der Standort des geologischen Tiefenlagers, welcher gemäss Art. 5 der KEV durch ein Sachplanverfahren zu bestimmen ist.