Ziel
Allfällige Abweichungen oder Störfälle im Rahmen des ELB-Schachttransports17 sollen durch die Auslegung der Schachthalle, der Schachtförderanlage, der ELB/TB als auch dem sicherheitsgerichteten Betrieb möglichst verhindert bzw. die Auswirkungen einer Abweichung oder eines Störfalls auf die in ELB verpackten radioaktiven Abfälle begrenzt werden.
Massnahmen und generische Bewertung
Störfälle im Rahmen des Schachttransports mit Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit sind nur während ELB-Förderung möglich, wobei betriebsbedingt die Anzahl gleichzeitig geförderter ELB – und damit die Zahl durch einen Störfall evtl. betroffener ELB – begrenzt wird18. Die nachfolgende Bewertung bzgl. Zuverlässigkeit und Störfällen von Schachtförderanlagen basiert auf den in Sindern & Borowski (2014) und Nagra (2023) dokumentierten Grundlagen.
Die zentralen Elemente der Schachtförderanlage (z. B. Fördermaschinen, die Umrichteranlage sowie der zentrale Maschinensteuerstand) werden sich nach aktuellem Planungsstand an der Oberfläche befinden, wodurch einerseits eine einfachere und sichere Erstmontage der Anlagenteile und anderseits jederzeit eine optimale Zugänglichkeit für Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten (beispielsweise Seilwechsel) gegeben ist.
Der Förderkorb ist mit einer vorgegebenen und begrenzten Fahrgeschwindigkeit im Schacht unterwegs. Das Anlagenkonzept sieht einen definierten Fahrweg zwischen Schachtkopf und Schachtfussebene vor. Je nach Wahl der Schachtförderanlage wird durch bewährte Massnahmen gewährleistet, dass die Anlage sicher zum Stillstand gebracht wird bzw. der Förderkorb nicht unkontrolliert in die Haltestellen einfährt. Ein Übertreiben der Anlage ist somit ausgeschlossen.
Ein Absturz eines beladenen Förderwagens (oder sonstigen Last) in den Schacht sowie eine unkontrollierte Bewegung des Förderkorbs nach oben/unten bei der Beladung können konstruktionsbedingt infolge komplementärer Massnahmen ausgeschlossen werden (z. B. infolge inhärent sicherer, mechanischer Verriegelung). Befindet sich der Förderkorb somit nicht in seiner arretierten Endposition, kann das Schachttor nicht geöffnet werden, d. h., es ist verriegelt und wird erst freigegeben, wenn die entsprechenden Endschalter betätigt sind. Sicherheitsrelevante Endschalter sollen dabei redundant ausgeführt werden. Der gesamte Schacht ist zudem mit einer Absturzsicherung umzäunt, sodass der Zutritt zum Schacht vermieden wird.
Der Absturz von Schachteinbauten im Schacht ist infolge regelmässiger Wartung und Instandsetzung ebenfalls nicht zu erwarten. Andere schwere Lasten, wie Gegengewicht (wenn vorhanden) oder ein Hilfsfahrkorb, können nicht auf den Förderkorb stürzen, da sie durch Spurlatten oder Führungsschienen parallel zum Förderkorb geführt werden.
Ein Förderkorbabsturz wird beispielsweise infolge der Nutzung eines Mehrseilsystems sowie diverser Bremssysteme, die im Fall eines Steuerungsausfalls, Stromausfalls oder eines hydraulischen Druckverlustes automatisch zum Einsatz gebracht werden, als auch infolge periodischer Wartung und Instandhaltung ausgeschlossen. Im Gesamtsystem wird die Anlage den zum Zeitpunkt der Erstellung gültigen Anforderungen an die Seilsicherheit gemäss TAS 6.8.1 (TAS 1977) genügen, sodass im Fall eines sehr unwahrscheinlichen Seilrisses19 das Fördermittel mit ausreichender Seilsicherheit im Schacht gehalten wird.
Fazit
Aufgrund der sicherheitsoptimierten Auslegung, Konstruktion und Ausführung der Schachtförderanlage und ihrer Systeme und Komponenten sowie der qualitätssichernden Massnahmen beim Betrieb kann von einer sehr geringen Störfallhäufigkeit ausgegangen werden. Die mechanischen Belastungen auf den ELB sind dabei auslegungsbedingt gering, wodurch davon auszugehen ist, dass der betroffene ELB/TB intakt bleibt und eine Freisetzung von Radionukliden nicht zu erwarten ist. Der schwerwiegendste Störfall (Schachtabsturz) kann infolge der Nutzung eines Mehrseilsystems sowie periodischer Wartung und Instandhaltung nahezu ausgeschlossen werden.
Im Fall einer Rampe als Zugangsbauwerk würde dieser Störfall entfallen. Störfälle bei Transport mittels Rampe sind durch die Ereignisse Kollision und/oder Brand eines ELB-Transportfahrzeugs (vgl. Kap. 2.7) abgedeckt. ↩
Beispielsweise wird aufgrund der Dimensionen und Masse eines HAA-ELB plangemäss nur ein ELB gefördert. ↩
Wie in Sindern & Borowski (2014) beschrieben, waren bei allen Vorkommnissen, bei denen Förderseile rissen, die Seilrisse Folgeschäden, nicht Ursache des jeweiligen Vorkommnisses. Durch normale betriebliche Schwächung als Folge von Drahtbrüchen, Korrosion oder Verschleiss ist seit einem halben Jahrhundert kein Förderseil mehr gerissen. Seilrisse aufgrund von Seilversagen durch vernachlässigte Prüfungen und/oder unerkannte Schädigungsmechanismen sind in keinem einzigen Fall vorgekommen. Bei entsprechender Überwachung (u. a. Seilprüfung) und Wartung der Seile werden Seilbeschädigungen und Seilschwächungen rechtzeitig detektiert. Die entsprechenden Massnahmen für den Austausch der Seile können frühzeitig getroffen werden. ↩