Meteorologische und klimatologische Verhältnisse am Standort der Oberflächenanlage des geologischen Tiefenlagers
Nagra (2024): Meteorologische und klimatologische Verhältnisse am Standort der Oberflächenanlage des geologischen Tiefenlagers. Nagra Arbeitsbericht NAB 24-30.
Zusammenfassung
Im Zuge des Rahmenbewilligungsgesuchs für das geologische Tiefenlager (gTL) am Standort Haberstal (Stadel, Kt. ZH) ist gemäss Kernenergieverordnung (KEV) als Teil der Gesuchsunter-lagen ein Sicherheitsbericht einzureichen, in welchem nach Art. 23 KEV Angaben zu den Stand-orteigenschaften an der Erdoberfläche anzugeben sind. Dies betrifft unter anderem die standort-spezifischen externen Gefährdungen, wozu gemäss Richtlinie A05 des Eidgenössischen Nuklear-sicherheitsinspektorat (ENSI) auch meteorologische und klimatologische Gefährdungen zählen, die in einer Analyse abzubilden und zu bewerten sind.
Zur Charakterisierung des Standorts der Oberflächenanlage des gTL in Bezug auf das Potenzial meteorologischer und klimatologischer Gefährdungen werden die Verhältnisse sowohl qualitativ als auch quantitativ über die statistische Auswertung von Messdaten spezifischer Parameter be-schrieben und ausgewertet. Dabei ist für durch Naturereignisse ausgelöste Ereignisse, wozu die meteorologischen und klimatologischen Gefährdungen zählen, jeweils von einem Ereignis mit einer Häufigkeit von 10‑3 bzw. von 10‑4 pro Jahr auszugehen. Zu den zu bewertenden Gefähr-dungen zählen:
- Maximale und minimale Lufttemperatur
- Wind und Tornado
- Niederschlag (Starkregen, Schnee, Schneelasten, Hagel und vereisender Regen)
- Blitze
Bei der Ermittlung der Gefährdung wird teilweise auf bestehende Datensätze und Auswertung zurückgegriffen sowie neue extremwertstatistische Analysen mit erweiterten Datensätzen durch-geführt. Dabei werden insbesondere Messdaten von MeteoSchweiz betriebenen Messstationen bis Ende des Jahres 2022 berücksichtigt. Die Methode, Daten (inkl. Datenqualität) und Bewertung orientiert sich dabei am Vorgehen bestehender standortspezifischer Gefährdungsanalyen anderer Kernanlagen und berücksichtigen somit auch die Forderungen des ENSI, die sich aus ihren Prüfungen ergeben haben. Der spezielle Charakter sowie insbesondere das deutlich kleinere Gefährdungspotenzial eines gTL (im Vergleich zu KKW) wird bei der Auswahl und Bewertung der Parameter entsprechend berücksichtig. Der Standort befindet sich weniger als 10 km bzw. 20 km von den Messstationen Zürich-Kloten bzw. der bestehenden Kernanlagen entfernt. Diese sind seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen auch im Rahmen meteoro-logischer und klimatologischer Gefährdungen und gelten damit als sehr gut erfasst, untersucht und bewertet. Der Messstandort Kloten wurde und wird auch für die Analysen der Kernkraft-werke verwendet.
Allgemein lässt sich feststellen, dass das Klima am vorgeschlagenen Standort den typischen mit-teleuropäischen Verhältnissen für eine niedrige Höhenlage entspricht und darüber hinaus die Meteorologie am Standort typisch für die Region Nordschweiz bzw. das Schweizer Mittelland ist. Die Ergebnisse der Analyse zeigen zudem – zusammen mit den zahlreichen genannten bereits bestehenden Studien – dass für den Standort des gTL keine für die Auslegung kerntechnischer Anlagen ungewöhnlichen Randbedingungen bzgl. extremer meteorologischer und klimatologi-scher Verhältnisse, bei denen auch erwartbare Einflüsse des Klimawandels entsprechend berück-sichtigt wurden, vorliegen. Die standortspezifischen Parameter liegen innerhalb der üblichen für die Auslegung von kerntechnischen Bauten und Strukturen festgelegten Grenzwerten.
Insgesamt ist der Standort somit durch stabile meteorologische und klimatologische Verhältnisse gekennzeichnet. Der Standort ist für den Bau und Betrieb eines gTL geeignet.