Verpackungsanlagen bei der Zwilag Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) 1. Stufe: Voruntersuchung und Pflichtenheft für die Hauptuntersuchung
Nagra (2022): Verpackungsanlagen bei der Zwilag Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) 1. Stufe: Voruntersuchung und Pflichtenheft für die Hauptuntersuchung. Nagra Arbeitsbericht NAB 22-29.
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) sucht im Auftrag der Entsorgungspflichtigen geeignete Standorte für geologische Tiefenlager (gTL) und Verpackungsanlagen (VA) für die radioaktiven Abfälle der Schweiz. Die Standortsuche erfolgt gemäss dem "Sachplan geologische Tiefenlager – Konzeptteil" (SGT) des Bundesamts für Energie (BFE 2008). Darin wird in 3 Etappen schrittweise die Auswahl der Standortgebiete eingeengt.
Aus Sicht der Nagra hat das Standortgebiet Nördlich Lägern (NL) insgesamt die meisten Sicherheitsreserven und eignet sich daher am besten für ein gTL als Kombilager. Die zugehörige Oberflächenanlage (OFA) soll im Gebiet Haberstal in der Gemeinde Stadel gebaut werden. Diesen Standort hat die Nagra in Zusammenarbeit mit der Region und dem Kanton Zürich vorgeschlagen (Nagra 2022a, Nagra 2022b). Für die Platzierung der notwendigen VA schlägt die Nagra das Areal am Standort der Zwischenlager Würenlingen AG (Zwilag) in der Gemeinde Würenlingen vor (Nagra 2022a, Nagra 2022b). Da die Standortgebiete in unterschiedlichen Kantonen liegen (Kanton Aargau und Zürich), wurden zwei Umweltverträglichkeitsberichte (UVB) 1.Stufe: Voruntersuchung und Pflichtenheft für die Hauptuntersuchung erarbeitet. Der vorliegende Bericht behandelt lediglich die Verpackungsanlagen am Standort der Zwilag. Ein separater Bericht wurde für die OFA erstellt (Nagra 2022d).
In den Verpackungsanlagen werden die radioaktiven Abfälle in Endlagerbehälter verpackt, im Anschluss mittels LKW zum geologischen Tiefenlager transportiert und dort eingelagert. Für die Verpackungsanlagen sollen auf dem Areal der Zwilag insgesamt vier neue Gebäude entstehen (Brennelement-Verpackungsanlage (BEVA), Erweiterung Verpackungsanlage für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA-VA), Ersatzgebäude Halle I mit Parkhaus und Ersatzgebäude Gebäude B/C). Der Grossteil der dafür benötigten Fläche ist bereits Teil des heutigen Zwilag- Areals, wodurch sich die zusätzlich benötigte Fläche auf ca. 0.7 ha beschränkt.
Für die Verpackung und Einlagerung der radioaktiven Abfälle sowie den Rückbau der BEVA wird mit einem Zeithorizont von ca. 35 Jahren gerechnet. In den verschiedenen Projektphasen (Bauphase, Betriebsphase, Rückbauphase) muss mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Umwelt gerechnet werden. In den Umweltbereichen Luftreinhaltung, Lärm, Grundwasser, Entwässerung, Boden, Abfälle, Umweltgefährdende Organismen, Störfallvorsorge / Katastrophenschutz sowie Landschaft und Ortsbild ist mit Auswirkungen während aller Phasen zu rechnen. Der Bereich Oberflächengewässer wird vom Projekt nicht beeinflusst.
Gemäss der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV, Anhang Ziffer 40.2, 2009) sind Kernanlagen für die Konditionierung von radioaktiven Abfällen, wozu die Verpackung gehört, UVP-pflichtig. Vorgeschrieben ist eine 2-stufige UVP:
- Stufe 1 innerhalb des Rahmenbewilligungsverfahrens
- Stufe 2 innerhalb des nuklearen Baubewilligungsverfahrens
Der UVB stellt die Auswirkungen der jeweiligen Anlage auf die verschiedenen Umweltbereiche zusammen. Vor der Durchführung einer UVP-Hauptuntersuchung (Stufe 1) wird eine UVP-Voruntersuchung mit Pflichtenheft für die Hauptuntersuchung erarbeitet. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie die kantonalen Fachstellen des Kanton Aargaus nehmen Stellung zum Pflichtenheft 1. Stufe. Das Resultat der Voruntersuchung stellt im Wesentlichen die Vorgaben für die Erarbeitung des eigentlichen UVB dar und ist Bestandteil der UVP 1. Stufe innerhalb des Rahmenbewilligungsverfahrens.
Die Ermittlung der Auswirkung des Projekts auf die einzelnen Umweltbereiche ergab, dass in den Bereichen Oberflächengewässer inkl. aquatische Ökosysteme, Altlasten, Landschaft und Ortsbild, Kulturdenkmäler, archäologische Stätten und Naturgefahren keine Auswirkungen zu erwarten sind oder die ermittelten Auswirkungen zur Grösse des Projekts im angemessenen Verhältnis stehen und keine weiteren Massnahmen notwendig sind. Bei archäologischen Funden während der Bauphase muss jedoch die Kantonsarchäologie beigezogen werden.
Die Bereiche Luftreinhaltung, Lärm, Erschütterungen / Körperschall, Nichtionisierende Strahlung (NIS), Grundwasser, Störfallvorsorge / Katastrophenschutz, Boden, Abfälle / umweltgefährdende Stoffe und umweltgefährdende Organismen können noch nicht abschliessend behandelt werden. Bei diesen Umweltbereichen werden Auswirkungen während der Bau-, Betriebs- und Rückbauphase relevant sein. Diese sind aber noch nicht abschliessend bekannt.
Für die Nichtionisierende Strahlung (NIS) sind während der Bau- und Rückbauphase keine Auswirkungen zu erwarten. Auswirkungen während der Betriebsphase (ggf. durch neuen Trafoanlagen) können mit geeigneten Massnahmen und entsprechender Distanz zu NIS-relevanten Anlagen (z.B. OMEN) geringgehalten werden.
Der Einfluss des Bauprojekts auf den Boden ist voraussichtlich gering und kann ebenfalls mit geeigneten Massnahmen minimiert werden. Für die Handhabung der Abfälle wird ein detailliertes Materialbewirtschaftungs- und Entsorgungskonzept im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens (UVB 2. Stufe) ausgearbeitet. Weiter kann angenommen werden, dass die Verbreitung von umweltgefährdenden Organismen mit Standardmassnahmen verhindert oder zumindest minimiert werden kann.
Für die Störfallvorsorge ist in der nächsten Stufe (UVP 1. Stufe) abzuklären, ob Mengenschwellwerte gemäss Störfallverordnung überschritten werden. Radioaktive Stoffe unterstehen nicht der Störfallverordnung, sondern der Kernenergiegesetzgebung und werden somit in der UVP nicht behandelt.
Der Bereich Entwässerung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt genauer behandelt. Ein Entwässerungskonzept für die Betriebsphase wird in der Hauptuntersuchung UVB 1.Stufe erarbeitet. Die Baustellenentwässerung wird in der UVB 2. Stufe (Baubewilligungsverfahren) behandelt.
Besondere Aufmerksamkeit ist den Bereichen Wald, Flora, Fauna und Lebensräume zu widmen. Vom Projekt werden rund 0.7 ha Waldflächen und 220 m2 inventarisiertes Schutzgebiet, wie auch Vernetzungslebensräume, tangiert und permanent beansprucht. Diese Flächen sind ersatzpflichtig, wodurch in der weiteren Planung eine Feldaufnahme vor Ort durchgeführt wird. Daraus folgend wird eine Flächenbilanzierung erstellt, welche die Grösse der Ersatzmassnahmen definiert. Für die Rodung der Waldflächen ist zudem ein Rodungsgesuch wie auch eine forstrechtliche Ausnahmebewilligung notwendig, da der Waldabstand nicht eingehalten werden kann (Unterschreitung um ca. 3 - 5 m).